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Radiofrequente Ströme in der Ästhetischen Medizin: Status nascendi / Status quo

Radiofrequency currents in aesthetic medicine: status nascendi / Status Quo

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Schlüsselworte

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Summary

Basic mechanism of action of the radiofrequency currents in aesthetic medicine should be revised. Modification of a subcutaneous fat depot structure should be supposed to be primarily responsible for observed middle-term skin improvement after such treatments. This change leads to a paradigm shift in aesthetic treatment strategy, while to receive the optimal treatment results the energy of the radiofrequency current should be concentrated in a skin layer near the interface dermis/subcutis and not in the total skin or fat volume.

Zusammenfassung

Die Hauptgrundlagen bei der Anwendung von radiofrequenten Strömen in der ästhetischen Medizin müssen revidiert werden. Strukturelle Veränderungen des subkutanen Fettgewebes sollten hauptsächlich für mittelfristige Hautbildverbesserung nach solchen Behandlungen verantwortlich sein. So eine Änderung der Grundlagen führt zu einem Paradigmenwechsel in der ästhetischen Behandlungsstrategie, weil die RF-Energie in einer Hautschicht neben der Grenze Dermis/Subkutis und nicht im ganzen Haut- oder Fettvolumen konzentriert werden sollte, um optimale Ergebnisse erzielen zu können.


Kruglikov IL (2016) Radiofrequente Ströme in der Ästhetischen Medizin: Status nascendi / Status quo. Kos Med 37: 94 – 103.

 

Einleitung

Radiofrequente (RF) Ströme in der ästhetischen Medizin haben in den letzten zehn Jahren einen klassischen Weg von „unbekannt“ bis zu „allgemein bekannt“ durchgemacht und sich mittlerweile in dem immer bunter werdenden Spektrum der ästhetischen Behandlungen fest etabliert. Um die Behandlungsergebnisse zu werten, wurde eine Vielzahl von klinischen Studien und Fallberichten zur Anwendung der RF-Ströme veröffentlicht, die mehrheitlich diese Methode als „effektiv“ bewertet haben. Die Evidenzebene von diesen Studien ist allerdings meistens niedrig (s. Kasten 1).

 

 

Kasten 1. Evidenzebene der klinischen Studien zu RF-Strömen in der ästhetischen Medizin

Von 62 analysierten klinischen Studien zu RF-Anwendungen haben lediglich 31 die Minimalanforderungen erfüllt [1]. Die methodologische Qualität von diesen verbleibenden Studien war nach der PEDro (Physiotherapy Evidence Database)-Bewertung auch generell niedrig: bei 15 Studien wurde die Evidenzebene als „nicht ausreichend“ und bei weiteren 16 Studien sogar als „mangelhaft“ oder „schlecht“ bewertet. Auch als „nicht ausreichend“ wurden in [1] die in diesen Studien vorgeschlagenen theoretischen Grundlagen für die Anwendung der RF-Ströme bewertet.

 

 

Die Hauptindikation für RF-Behandlungen in der ästhetischen Medizin ist die Modulation der mechanischen Eigenschaften der Haut, die sich in einer Verbesserung der Hautturgor und Hautelastizität widerspiegeln sollte.

Theoretisch wurde dieser Effekt mit der durch Joulische Wärme entstehenden lokalen Temperaturerhöhung im Gewebe erklärt [2,3]. Die durch RF-Ströme erzielten Temperaturen im Gewebe sollten dabei hoch genug sein (man spricht oft über 55-60 °C), um eine Strukturveränderung im Kollagen zu bewirken (sogenannter „Kollagenschrumpfen“-Effekt) und damit kurzfristig zu einem Volumengewinn in der Haut führen. Doch theoretisch sollten auch niedrigere Temperaturen wirken und eine Kollagenproduktion de novo stimulieren [1,3], was wiederum die langfristige Wirkung der RF-Methode sichern sollte. Es wurde sogar vorgeschlagen, dass die Neokollagenese einen Dosis-Wirkung Effekt in Abhängigkeit von der Erwärmung des Bindegewebes zeigen sollte [2]. Andererseits wurde in einer der besten experimentellen Untersuchungen zur Wirkung der RF-Ströme auf die Haut demonstriert, dass die retikuläre Dermis in der Schweinehaut auf RF-Ströme kurzfristig mit einer Ödembildung reagiert und erst bei wiederholten Behandlungen eine steigende Zellularität und Ansammlung von intrazellulären Substanzen aufweist [4], was einem „Kollagenschrumpfen“-Mechanismus eindeutig widerspricht. Auch der Neokollagenese-Mechanismus wurde in Bezug auf nicht invasive RF-Anwendungen aufgrund von zahlreichen Kontroversen als nicht realistisch kritisiert [5-7].

 

 

Darüber hinaus haben sich bei RF-Anwendungen einige Faustregeln fest etabliert, ohne dass sie in Wirklichkeit ausreichend geprüft worden waren. So sollten verschiedene Elektrodenanordnungen (monopolare, bipolare, tripolare und sogar multipolare) gewisse selektive Wirkungen auf die Haut zeigen und somit je nach Indikation für optimale Behandlungsergebnisse sorgen. Eine monopolare RF-Anordnung sollte zum Beispiel bei tieferen und die bi-/multipolaren Elektrodenanordnungen mehr bei oberflächigen Indikationen eingesetzt werden. Zusätzlich sollte die Verwendung von größeren RF-Elektroden zu einer großflächigen, gleichmäßigen, schnellen und tieferen Erwärmung des Gewebes führen. Oft werden bei RF-Anwendungen auch verschiedene Frequenzen (normalerweise zwischen 0,3 und 10 MHz) eingesetzt, die dafür sorgen sollten, dass die gewünschten Behandlungsareale selektiv in der Tiefe erwärmt werden können. Die Anwendung dieser Regel führt jedoch zu einigen Konfrontationen (s. Kasten 2).

 

 

Kasten 2. Kontoverse Fragen zu RF-Strömen

–     Warum fallen die klinischen Unterschiede in Hautbildverbesserungen zwischen mono- und multipolaren RF-Behandlungen nicht sonderlich groß aus? In klinischen Studien wurde sogar über ähnliche Hautbildverbesserungen nach Anwendung von verschiedenen Elektrodenanordnungen berichtet [1].

–     Warum sind die Ergebnisse nach einer Anwendung von nicht invasiven RF-Strömen nicht wirklich lang anhaltend und lassen in der Regel schon nach wenigen Tagen erheblich nach?

–     Wenn RF-Ströme von verschiedenen Frequenzen unterschiedlich tief in vivo eindringen können, warum wurden in Experimenten ex vivo keine Unterschiede in der Stromeindringtiefe bei Anwendung von verschiedenen RF-Frequenzen festgestellt [8]?

–     Warum gibt es eine starke Variabilität von klinischen Ergebnissen zwischen den einzelnen Patienten und zwischen den verschiedenen Körperarealen gleicher Patienten bei Anwendung gleicher RF-Ströme?

 

 

Eine kritische Analyse dieser Fragen zeigt, dass die allgemein akzeptierten Mechanismen der RF-Behandlungen in Dermatologie und ästhetischer Medizin grundlegend revidiert werden müssen.

 

 

Wie fließen die RF-Ströme durch die Haut?

Schon diese einfache Frage bereitet erhebliche Probleme und kann für große Missverständnisse sorgen. Wenn eine monopolare diskförmige homogene RF-Elektrode, E, mit dem Radius a die auf einer homogenen Hautoberfläche liegt an eine elektrische Quelle angeschlossen wird, sollte man annehmen, dass gleiches elektrisches Potential über die gesamte Elektrodenfläche erzeugt werden sollte. Intuitiv kann man dann auch annehmen, dass auch der Stromfluss in die Haut über die ganze Kontaktfläche gleich bleibt. Das ist allerdings nicht der Fall und die Stromverteilung verläuft sogar äußerst ungleichmäßig (Abb. 1). Dabei werden die niedrigste Stromdichte in der Mitte der Elektrode (r=0) und die höchste am Elektrodenrand (r=a) erzielt (Abb. 1a). Theoretisch sollte die Stromdichte am Rand einer sehr dünnen Elektrode sogar unendlich groß sein. Das passiert jedoch nicht, weil alle Elektroden eine gewisse Dicke haben. Solche ungleichmäßige Stromverteilung auf der Elektrodenfläche ist bestens in der HF-Chirurgie bekannt, aber auch einige RF-Anwender in der ästhetischen Medizin haben damit bittere Erfahrungen gemacht, weil so eine äußerst ungleichmäßige Stromverteilung unter der Elektrodenoberfläche zu Hautverbrennungen am Elektrodenrand führen kann (s. Kasten 3).

Kruglikov-Abb-1a

Abb. 1: Stromverteilung unter einer diskförmigen homogenen RF-Elektrode mit dem Radius a. a) Minimale Stromdichte wird im Zentrum und maximale am Rand der Elektrode erzielt. b) 50% des Gesamtstroms fließt durch den inneren Kreis mit dem Radius von 0,86a; die restlichen 50% fließen durch den äußeren Ring.

Abb. 1: Stromverteilung unter einer diskförmigen homogenen RF-Elektrode mit dem Radius a. a) Minimale Stromdichte wird im Zentrum und maximale am Rand der Elektrode erzielt. b) 50% des Gesamtstroms fließt durch den inneren Kreis mit dem Radius von 0,86a; die restlichen 50% fließen durch den äußeren Ring.

Kasten 3. Stromverteilung über die Elektrodenfläche

Wenn wir jetzt solche Elektroden in zwei gleiche Flächen teilen (innere kreisförmige Fläche mit 0≤r≤1/√2 a und äußeren Ring mit 1/√2 a≤r≤a), werden lediglich ca. 29% des Stroms durch die innere Fläche und 71% durch die äußere Fläche fließen. Es kann sogar berechnet werden, dass die Hälfte des Gesamtstroms innerhalb eines relativ schmalen äußeren Rings, 0,86a≤r≤a, fließen wird (Abb. 1b). Daraus ergibt sich die Schlussfolgerung, dass der Innenteil der Elektrode ein schlechter Stromkollektor sein müsste. Das gilt für alle RF-Elektroden die so eine Konstruktion haben und bedeutet, dass die Haut unter dem inneren Bereich der Elektrode „unterbehandelt“ und unter dem äußeren Ring „überbehandelt“ wird.

 

 

Je größer die Elektrode, desto größer die unterdurchschnittlich behandelte Hautfläche. Dieser Effekt kann zu einer räumlich äußerst heterogenen Stromverteilung in der Haut führen, die sich dann nicht nur in erhöhter Verbrennungsgefahr, sondern auch in variablen und unkontrollierbaren klinischen Ergebnissen zeigen sollte. Um diese Stromheterogenität auszugleichen, muss die Elektrode ständig gleichmäßig über die Haut bewegt werden. Doch auch in diesem Fall wird in der Praxis keine homogene Stromverteilung auf der ganzen behandelten Fläche erzeugt. Gegen diese Problematik gibt es eine bekannte physikalische Lösung, die jedoch unverständlicherweise in der Regel nicht in Geräten für ästhetische Behandlungen zum Einsatz kommt. Das zeigt ganz deutlich, dass die größten Elektroden nicht unbedingt die besten sind.

 

 

Die zweite Problematik betrifft nicht die Elektroden sondern die Haut. Die Hautoberfläche ist elektrisch ungleichmäßig und hat eine mosaikförmige elektrische Struktur [9]. Die Leitfähigkeit von Hautadnexen ist deutlich höher als die Leitfähigkeit von Stratum corneum; das macht Haarfollikel, Talgdrüsen und Schweißdrüsen zu den wichtigsten Kanälen für elektrische Ströme. Auf der Haut befinden sich 3-6 „Kanäle“ für alternierende elektrische Ströme pro mm2; jeder Kanal hat einen Durchmesser von bis zu 0,05 mm [9]. Zwischen diesen Kanälen ist ebenfalls eine elektrische Leitfähigkeit der Haut vorhanden, sie ist jedoch deutlich geringer; somit fließt weniger Strom über diese Wege. Das bedeutet, dass die RF-Ströme unabhängig von der Elektrodenanordnung ungleichmäßig in die Haut eindringen. Während eingehender Strom in einem Maßstab von wenigen Millimetern sich scheinbar äußerst ungleichmäßig auf der Hautfläche verteilt, erscheint seine Verteilung in einem Maßstab von mehreren Zentimetern räumlich fast schon gleichmäßig.

 

 

Was passiert mit der RF-Energie in der Haut?

Die Haut ist weder ein idealer Leiter noch ist das ein Dielektrikum; in der Physik wird so ein Material als „Dielektrikum mit Verlusten“ bezeichnet. Dementsprechend kann die Haut elektrische Energie in die sogenannte Joulische Wärme umwandeln und somit „verschwenden“ oder diese Energie speichern, wie das in einem Kondensator passiert. Die Stromverteilung und Erwärmung in der Haut sind davon abhängig, in welchem Verhältnis ihre leitfähigen und dielektrischen Eigenschaften stehen. Die letzteren sind allerdings frequenzabhängig, was man in der Physik als Dispersion bezeichnet. Überwiegen die leitfähigen Eigenschaften der Haut, wird RF-Strom hauptsächlich zu einer Gewebserwärmung führen; bei überwiegend dielektrischen Eigenschaften entstehen sogenannte Verschiebungsströme, und der Haupteffekt des Stroms wird die Polarisation (Umverteilung von elektrischen Ladungen) des Gewebes ohne eine signifikante Erwärmung. Generell gilt: bei niedrigeren Stromfrequenzen zeigt das Gewebe mehr leitende und bei höheren Frequenzen mehr dielektrische Eigenschaften. Bei sehr hohen RF-Frequenzen wird sich jedes Material wie ein Dielektrikum verhalten. Allein aus diesem Grund wäre es falsch pauschal zu sagen, dass höhere RF-Frequenzen mehr Wärme im Gewebe produzieren sollten (s. Kasten 4).

 

 

Kasten 4. Wirkung der RF-Frequenz auf die Wärmeerzeugung

Subkutanes Fettgewebe hat eine fast konstante elektrische Leitfähigkeit von ca. in einem breiten Intervall von Stromfrequenzen f zwischen 100 kHz und 10 MHz [9]. Gleichzeitig ist die dielektrische Konstante von diesem Gewebe stark frequenzabhängig – sie beträgt ca. ??40 bei f = 100 kHz, ca. ??15 bei f = 1 MHz und ca. ??11 bei f = 10 MHz. Dementsprechend beträgt das Verhältnis der wärmeerzeugenden Stromkomponente zum nicht wärmeerzeugenden Strom in Subkutis ca. 90 bei f = 100 kHz; ca. 24 bei f = 1 MHz, und lediglich ca. 3 bei f = 10 MHz. Gleichzeitig erhöht sich die elektrische Leitfähigkeit der Gesamthaut (Stratum corneum, Epidermis und Dermis zusammen) stark mit der RF-Frequenz und beträgt ca. bei f = 100 kHz; ca. bei f = 1 MHz, und ca. bei f = 10 MHz. Somit liegt das Verhältnis zwischen wärmeerzeugender und nicht wärmeerzeugender Stromkomponenten in der Haut bei ca. 0,6 für f = 100 kHz; ca. 2,7 für f = 1 MHz, und ca. 3,6 für f = 10 MHz.

 

 

Daraus resultiert, dass höhere RF-Frequenzen eher für eine bessere Hauterwärmung und niedrigere RF-Frequenzen für eine bessere Subkutis-Erwärmung gewählt werden sollten. Das macht die Parameterauswahl in RF-Behandlungen abhängig vom Zielgebiet. Eine andere Möglichkeit wäre es, einen Kompromiss zu schließen und beide Gewebstypen mit einer mittleren Frequenz zu behandeln. Die Frage ist allerdings, ob es tatsächlich um eine möglichst starke Erwärmung gehen sollte wenn man optimale Behandlungsergebnisse mit RF-Strömen erzielen möchte. Das Problem kommt von einem wichtigen Hautmerkmal, welches früher nicht wirklich berücksichtigt wurde, – der elektrisch geschichteten Hautstruktur [10].

 

 

Was passiert mit dem RF-Strom an der Grenze Dermis-Subkutis?

Die Haut ist nicht nur auf ihrer Fläche elektrisch heterogen; auch in der Tiefe zeigt sie eine elektrisch geschichtete Struktur. Ihre elektrischen Eigenschaften werden von Stratum corneum bei niedrigen Frequenzen und von der Dermis bei höheren Frequenzen bestimmt, so dass bei typischen RF-Frequenzen die in der ästhetischen Medizin angewendet werden, die Dermis eine wichtigere Rolle spielt. Noch wichtiger ist aber, dass an der Grenze zwischen Dermis und Subkutis innerhalb von wenigen Zellschichten, eine sehr starke Veränderung der elektrischen Leitfähigkeit des Gewebes stattfindet. Das führt, genauso wie bei einem Lichtstrahl, zu zwei Wirkungen: Refraktion – Stromfluss ändert an der Grenze seine Richtung, und Reflektion – ein Teil des Stroms wird an der Grenze reflektiert und in die Dermis zurück fließen (s. Kasten 5).

 

 

Kasten 5. Reflektion des RF-Stroms

Sollte die Subkutis ein ideales Dielektrikum sein und gar keine Ströme leiten, müsste der ganze RF-Strom an dieser Grenze reflektieren und zurück in die Dermis fließen. Tatsächlich beträgt die elektrische Leitfähigkeiten der Dermis bei RF-Frequenz von 1 MHz ca. und die Leitfähigkeit der Subkutis ca. , was bedeutet, dass ein Teil des Stroms in die Subkutis doch eindringt. Um diesen Anteil zu quantifizieren, kann man einen sogenannten Reflektion-Koeffizient einführen: , welcher in unserem Fall bei ca. 0,905 liegt [10]. Man kann grob sagen, dass ca. 90% des RF-Stroms mit dieser Frequenz an der Grenze Dermis-Subkutis reflektiert und weniger als 10% in die Subkutis eindringt.

 

 

Damit ist klar, dass der RF-Strom generell schlecht in die Subkutis eindringt und sich deshalb stark in der gut leitenden Dermis konzentrieren müsste (Abb. 2). In Wirklichkeit fällt diese Quote anders aus, wenn man berücksichtigt, dass Fibrosierungen im subkutanen Fettgewebe leitfähige Kanäle für RF-Ströme bilden können. Es sollte somit berücksichtigt werden, welcher Teil der Grenzfläche zwischen Dermis und Subkutis von diesen Fibrosierungen belegt wird [7].

 

 

Eine weitere Frage ist, welche Rolle die Dermis-Dicke (D) in der RF-Stromverteilung spielt? Werden in Körperarealen mit dickerer Dermis höhere oder niedrigere Stromdichten und entsprechende Temperaturen (welche quadratisch von der lokalen Stromdichte abhängig sind) erzielt? Intuitiv sollte man annehmen, dass eine höhere Temperatur in einer dünneren Dermis erzielt werden müsste, weil der dort reflektierte Strom stärker konzentriert wird. Sollte sich, wie es normalerweise in der Theorie angenommen wird, die Hauptwirkung der RF-Ströme in der Dermis entwickeln und sollte dieser Effekt temperaturabhängig sein, führt das sofort zu einer paradoxen Situation, weil bessere klinische Ergebnisse nach RF-Behandlungen in der Regel in Arealen mit der dickeren und nicht mit der dünneren Haut erzielt werden.

Abb. 2. Stromfluss in zweischichtiger Haut. Die Dermis hat höhere elektrische Leitfähigkeit als die Subkutis,  .

Abb. 2. Stromfluss in zweischichtiger Haut. Die Dermis hat höhere elektrische Leitfähigkeit als die Subkutis, .

 

Wie fließen die RF-Ströme in die Subkutis?

Das subkutane Fettgewebe verhält sich elektrisch äußerst heterogen. Das hat in erster Linie damit zu tun, dass die Leitfähigkeit von Triglyceriden deutlich niedriger ist als die Leitfähigkeit von perizellulären (um die Adipozyten herum platzierten) und interzellulären (zwischen den Zellen verlaufenden) Fibrosierungen, die sich in der extrazellulären Matrix von diesem Gewebe befinden. Das bedeutet, dass die RF-Ströme nicht gleichmäßig durch die Subkutis fließen, sondern sich hauptsächlich in Kollagenstrukturen in diesem Gewebe konzentrieren [7]. Demnach hängt die Stromverteilung im subkutanen Fettgewebe davon ab, ob dort mehr oder weniger Fibrosierungen vorhanden sind.

 

 

Konzentrierung der RF-Ströme in subkutanen Fibrosierungen, was wir als „Kanalisierungs-Effekt“ bezeichnet haben [7], führt zu einer deutlich höheren Stromdichte (und entsprechend einer noch höheren Temperatursteigerung) in den Fibrosierungen des Fettgewebes im Vergleich mit durchschnittlichen Werten der Temperatursteigerung im Gesamtvolumen des Fettgewebes. Das sollte zu einer selektiven Erwärmung von Adipozyten-Oberflächen sowie von interzellulären Strukturen führen, was eine Modifizierung von diesen Strukturen zur Folge haben sollte.

 

 

Vor kurzem wurde gezeigt, dass die Adipozyten in verschiedenen Gesichtskompartimenten, unterschiedliche anatomische Strukturen bilden [11]. Zum Beispiel wurde demonstriert, dass labiales Fettdepot aus kleinen Gruppen von Adipozyten besteht, die in eine dichte Kollagenmatrix eingebettet sind; diese Struktur wurde als „fibroses“ Fett bezeichnet. Malares Fettdepot besteht dagegen aus größeren Clustern der reifen Adipozyten, die von dünnen Kollagenstrukturen bedeckt sind; diese Anatomie wurde als „strukturiertes“ Fett bezeichnet. Bukkales Fettdepot hat eine völlig andere Struktur, welche stark reduzierte Kollagennetzwerke besitzt und große strukturelle Ähnlichkeiten mit einem viszeralen Fettgewebe hat; diese Struktur wurde als „Speicher“-Fett klassifiziert [11,12]. Darüber hinaus ändern sich Fibrosierungen in einem Fettdepot mit zunehmendem Alter und zeigen angeblich noch einen Sexualdimorphismus, was unterschiedliche Reaktionen von verschiedenen Patientengruppen auf die gleichen RF-Behandlungen erklären könnte.

 

 

Wie stark kann eine Variable Dermis-Dicke die Verteilung des RF-Stromes in der Haut beeinflussen?

In erster Näherung können D-Variationen in gleichem Gesichtsareal vernachlässigt werden, wobei sie hoch zwischen verschiedenen Arealen und besonders hoch zwischen den Patienten ausfallen können. Beispielweise wurde am Jochbein in drei verschiedenen Kadavern D-Werte von 1,62±0,05 mm, 0,97±0,07 mm und 0,57±0,04 mm gemessen [13] (s. auch Kasten 6). Wenn solche Unterschiede die Stromverteilung in der Haut maßgeblich beeinflussen können und die Wirkung des RF-Stroms hauptsächlich in der Dermis konzentriert sein sollte, werden auch die Behandlungsergebnisse zwischen verschiedenen Patienten bei gleicher Anwendung des RF-Stroms, sehr unterschiedlich ausfallen.

 

 

Kasten 6. Typische D-Werte in verschiedenen Gesichtsarealen

Es gibt deutliche geschlechts-, alters- und regionsabhängige Unterschiede in D-Werten. Messungen an Kadavern haben gezeigt, dass D im Wangenbereich im Intervall 1,04-1,20 mm, am Jochbein – 0,57-1,62 mm, und am Hals – 0,25-0,80 mm variieren kann [13]. Bei ähnlichen Untersuchungen wurden an den Stellen mit und ohne Falten, D-Werte von 0,12-1,74 mm und 0,35-1,65 mm gemessen [14]. Gleichzeitig lieferten Messungen mit 20 MHz Ultraschall durchschnittliche D-Werte von 1,6 mm an den Wangen und 2,5 mm am Kinn [15,16].

 

 

Die Frage, wie die D-Werte die Stromverteilung beeinflussen können, wurde in [10] untersucht, wo die Haut als zweischichtige elektrische Struktur modelliert wurde. Dieses Modell erlaubt eine exakte theoretische Lösung. Es wurde gezeigt, dass in einem homogenen Medium 50% des Stroms unterhalb einer kleinen monopolaren RF-Elektrode durch einen Kreis mit dem Radius von in die Subkutis fließen würden. Weil die Haut jedoch nicht homogen ist, vergrößert sich dieser Radius in einer geschichteten Haut auf . D.h., dass 50% des Stroms in die Subkutis durch eine Fläche eindringen, die ca. 184-fach größer ist als die entsprechende Fläche in einem homogenen Medium [10]. Das bedeutet eine signifikante Senkung der Stromdichte und entsprechender Erwärmung der gesamten Subkutis in einer elektrisch geschichteten Haut im Vergleich mit einem homogenen Medium. Wichtig ist, dass diese Fläche eine quadratische Abhängigkeit von D zeigen sollte; d.h., mit einer Verdoppelung von D vergrößert sich die stromübertragende Fläche an der Grenze Dermis-Subkutis 4-fach. In anderen Worten, je dicker die Haut, desto niedriger die Stromdichte an der Grenze Dermis-Subkutis unter der RF-Elektrode, was die Erwärmung in diesem Bereich effektiv reduzieren sollte. Noch interessanter wird die Situation im Fall einer bipolaren Elektrodenanordnung (s. Kasten 7).

 

 

Kasten 7. Bipolare Elektrodenanordnung

Wird der Abstand zwischen RF-Elektroden viel größer als D, wirken diese Elektroden quasi als einzelne monopolare Elektroden, welche die Dermis zwischen den Elektroden kaum erwärmen können. Wird dieser Abstand aber vergleichbar mit D, fließt RF-Strom hauptsächlich oberflächlich und erreicht die Grenze Dermis-Subkutis nicht. Zum Beispiel, bei einem Abstand von 10 mm zwischen den RF-Elektroden beträgt das Verhältnis der Stromdichten an der Grenze Dermis-Subkutis in der Haut mit D = 2 mm und D = 1 mm ca. 0,546. Folglich wird die induzierte Temperatursteigerung an dieser Grenze in der Haut mit D = 2 mm lediglich bei ca. 29,8% ihres Wertes in der Haut mit D = 1 mm liegen.

 

 

Das könnte erklären, warum die Unterschiede zwischen den erzielten klinischen Ergebnissen nach monopolaren und bipolaren RF-Anwendungen nicht wirklich sehr groß ausfallen. In beiden Fällen werden in der Praxis relativ großflächige Elektroden (mit Durchmesser viel größer als D) benutzt; darüber hinaus, ist bei bipolarer Anwendung der Abstand zwischen den Elektroden in der Regel viel größer als D. Solche Geometrie reduziert die bipolare Elektrodenanordnung auf die Wirkung von zwei quasi „monopolaren“ Elektroden.

 

 

Das sollte bedeuten, dass für eine gezielte Erwärmung der Dermis oder der Grenze Dermis-Subkutis, ein optimaler Abstand zwischen den RF-Elektroden eingehalten werden muss. Diese optimale Elektrodenkonfiguration wurde berechnet und es wurde gezeigt, dass sie sich stark von dem unterscheidet, was bisher in der Praxis verwendet wurde [10]. Das macht die praktischen RF-Anwendungen per se nicht optimal. Stromdichten in der Haut bei einer nicht optimalen Elektrodenkonfiguration können um einiges niedriger sein, als sie es im optimalen Fall wären, was zu einer erheblichen Reduzierung der erreichten Temperatur im Zielgebiet führen kann. Grund dafür ist leider die ästhetische Praxis, wo die Behandlungen schnell ablaufen sollen. Dafür müssen die Elektrodenflächen und die Abstände zwischen den Elektroden möglichst groß sein.

 

 

Weil optimale Abstände zwischen RF-Elektroden stark von D abhängig sind, entsteht die nächste paradoxe Situation. Wie oben beschrieben, kann D zwischen Patienten und sogar zwischen verschiedenen Gesichtsarealen bei gleichen Patienten, erheblich variieren. Das bedeutet, dass eine Elektrodenkonfiguration, die für einen bestimmten Patienten oder für ein Gesichtsareal optimal ist, bei anderen Patienten oder Arealen, nicht mehr optimal sein.

 

 

Auf was sollte der RF-Strom in der Haut wirken?

Kurzfristige Wirkung der RF-Ströme: Endogene Produktion des Hyaluronans?

Auf den ersten Blick scheinen die oben beschriebenen Ergebnisse überraschend zu sein. Tatsächlich bedeutet eine stärkere Erwärmung der Haut mit niedrigeren D-Werten, dass bessere klinische Ergebnisse unter gleichen Behandlungsbedingungen in einer dünneren Haut erzielt werden, falls sich die Hauptwirkung des RF-Stroms tatsächlich in der Dermis entwickeln sollte. Auf der anderen Seite, widerspricht das einigen klinischen Studien, die über bessere Ergebnisse an Wangen im Vergleich mit dem Halsbereich oder der Stirn, berichtet haben (s. z.B. [17]). Um dieses Problem zu lösen und gleichzeitig nicht auf die Dermis als Hauptziel der RF-Behandlung verzichten zu müssen, sollte angenommen werden, dass nicht die lokale Stromdichte (und entsprechend nicht die maximale erreichte lokale Temperatur) im Gewebe, sondern vielmehr das gesamte „bestromte“ Gewebsvolumen primär für die Behandlungsergebnisse verantwortlich sein sollte. Die alternative Erklärung wäre, dass das „Zielobjekt“ dieser Behandlung, nur einen Teil der Haut belegt und das solche Strukturen bei einer dünnen/dicken Haut unterschiedlich vorhanden sind.

 

 

Die erste Variante führt sofort zu einer endogenen Produktion von Hyaluronan (HA) als eine unspezifische Antwort der Haut auf eine moderate Temperatursteigerung [5,7], was den experimentellen Ergebnissen auch entspricht [4]. So eine HA-Expression und damit verbundene lokale Ödembildung in der Haut sollte schon ab 42 °C stattfinden und zu einer erheblichen, wobei auch zeitlich begrenzten Verbesserung des Hautturgors führen. In einer Haut mit größeren D-Werten sollte mehr HA akkumuliert und somit eine bessere Ödembildung produziert werden. Wichtig ist, dass dieser Mechanismus bereits bei deutlich niedrigeren Temperaturen realisiert werden kann, als das für den „Kollagenschrumpfungs“-Mechanismus angenommen wurde.

 

 

Mittel- und langfristige Wirkungen der RF-Ströme – Modifizierung des Fettgewebes

Noch interessanter ist die Frage, welcher Mechanismus für langfristigere Ergebnisse nach RF-Anwendung verantwortlich sein könnte. Hier kommt ein Alternativmechanismus in Frage, der allerdings nicht mit Fibroblasten, sondern mit Adipozyten verbunden zu sein scheint. Ein Teil von diesen Zellen, die auch neulich als dermale Adipozyten bezeichnet wurden, befindet sich direkt unter der retikulären Dermis und bildet somit eine oberflächige Schicht des subkutanen Fettgewebes an der Grenze Dermis-Subkutis [18,19]. Dermale Adipozyten sind in verschiedene Hautprozesse involviert; ein besonderes Merkmal dieser Zellen ist ihre sehr starke Dynamik – sie können sich sehr schnell (innerhalb von Stunden oder Tagen) vermehren und vergrößern, oder sich in andere Zellen umwandeln. Daraus kann eine erhebliche Volumenmodifizierung resultieren, die auch mittelfristig erhalten bleiben kann.

 

 

Wobei diese Frage bis jetzt nicht systematisch untersucht wurde, deutet alles auf eine Korrelation zwischen der lokalen Dermis-Dicke und der Struktur des darunterliegenden Fettdepots hin. Zum Beispiel, dickere Haut in nasalen und labialen Gesichtsregionen korreliert mit dem „fibrosen“ Typ der entsprechenden Fettkompartimente [11]. Dagegen ist die Dermis-Dicke in der malaren Gesichtsregion mit dem „strukturierten“ Fettdepot, niedriger. Diese strukturellen Unterschiede in benachbarten Gesichtsregionen können dazu führen, dass die Wirkung des gleichen RF-Stromes auf verschiedene Gesichtsareale unterschiedlich ausfällt. Zum Beispiel, es ist zu erwarten, dass im labialen Kompartiment eine niedrigere Temperatursteigerung in der Dermis, allerdings eine stärkere Wirkung des RF-Stromes auf die Kollagenstrukturen im darunterliegenden Fettdepot, realisiert wird.

 

 

Adipozyten und ihre peri- und interzelluläre Kollagenstrukturen können relativ schnell auf verschiedene physikalische Faktoren (u.a. auf Temperaturveränderungen in ihrer Umgebung) reagieren. Ihre Anzahl, Größe und metabolischer Zustand können sich schnell verändern, was zeitnah auch zu einer effektiven Modifizierung der interzellulären Struktur des Fettdepots und somit seiner mechanischen Eigenschaften führen kann [20]. Die Notwendigkeit der Verschiebung des Hauptaugenmerkes bei Hautbildverbesserungen, von der Kollagenveränderung in der Dermis auf die Adipogenese, wurde vor kurzem schon für dermale Filler erkannt und beschrieben [21,22].

 

 

Es besteht zurzeit auch kaum Zweifel, dass die oberflächigen Adipozyten in eine direkte Steuerung von Fibroblasten involviert sind und somit die Dermis-Strukturen direkt beeinflussen können. Es wurde demonstriert, dass hypertrophe Adipozyten negativ auf synthetische Aktivitäten von Fibroblasten wirken [23] und dass ein Zuwachs des subkutanen Fettgewebes, zu einem Verlust der elastischen Eigenschaften der Dermis führen kann [24]. Somit kann die Veränderung des subkutanen Fettgewebes als die dritte Ursache (nach dem chronologischen und UV-induzierten Mechanismus) für Hautalterung gesehen werden.

 

 

Welche Strukturen des Fettgewebes sind für seine mechanischen Eigenschaften verantwortlich?

Weil die Wände zwischen den einzelnen Zellen im Gewebe komplett geschlossen sind, kann jedes Fettdepot mikromechanisch als ein „geschlossenzelliger Schaumstoff“ beschrieben werden [20,25,26]. Dabei spielen überraschenderweise die Triglyceride, die eigentlich den Großteil des Fettgewebe-Volumens belegen, nur eine untergeordnete Rolle in mechanischen Eigenschaften des Fettgewebes, die hauptsächlich von der perizellulären und nicht mal von der interzellulären Fibrosierungen bestimmt sind [20,25]. Die Hauptkomponenten der perizellulären Fibrose sind Kollagene Typ IV und VI und es wurde vor kurzem tatsächlich gezeigt, dass mechanische Module des Fettdepots ohne Kollagen VI, lediglich bei ca. 50% von ihrem Wert in einem Fettdepot mit Kollagen VI liegen [27].

 

 

Gleichzeitig, ist die lokale mechanische Steifigkeit eines Fettdepots, umgekehrt proportional zu durchschnittlicher Größe der Adipozyten in diesem Depot; d.h. sie ist kleiner für größere Adipozyten [20]. Darüber hinaus, ist diese mechanische Charakteristik nahezu unabhängig von der Dispersion der Größenverteilung von Adipozyten. Das bedeutet, dass eine Hypertrophie der Adipozyten im behandelten Areal, zu einer Senkung und zu einer Verkleinerung von Adipozyten (z.B. durch Lipolyse), und zu einer Erhöhung der mechanischen Module des Gewebes führen sollte. Eine optimale Verbesserung der mechanischen Eigenschaften in solch einem System, könnte somit durch Bildung einer perizellulären Fibrose um die kleinen Adipozyten erreicht werden. Dieses optimale Behandlungsziel kann allerdings kaum realisiert werden, weil eine perizelluläre Fibrose, physiologisch ausgerechnet für hypertrophe Adipozyten typisch ist. In diesem Sinne, falls man den Hautturgor verbessern möchte, sollte ein Kompromiss geschlossen werden, wahrscheinlich zu Gunsten der Bildung einer perizellulären Fibrose.

 

 

Besonderheiten der Behandlungsstrategie

Einstufung des Fettgewebes zum Hauptbehandlungsziel, um die mittel- oder langfristige Wirkungen einer RF-Behandlung zu sichern, widerspricht nicht dem oben beschriebenen physikalischen Bild, da nur ein Kleinteil des Stromes den die RF-Elektroden an der Hautoberfläche liefern, in die Subkutis tatsächlich eindringen kann.

 

 

Erstens, der in die Subkutis eindringende Anteil des RF-Stromes, fließt hauptsächlich durch die perizellulären Fibrosierungen, was zu einer relativ starken Temperaturerhöhung um die Adipozyten herum, führen kann. Tatsächlich, ist die Dicke der perizellulären Fibrosierung deutlich kleiner, als die Größe von Adipozyten selbst; ihre elektrische Leitfähigkeit aber ist deutlich höher. Das bedeutet, dass die RF-Ströme, welche in die Subkutis eindringen, sich in diesen Fibrosierungen konzentrieren und zu einer quasi-selektiven Erwärmung von solchen (hauptsächlich an der Zelloberfläche liegenden) Strukturen führen. Somit kann angenommen werden, dass nicht das Kollagenschrumpfen oder die Neokollagenese in der Dermis, sondern Veränderungen des Fettgewebe-Volumens und seiner Fibrosierung für die verlängerte Wirkung des RF-Stromes, verantwortlich sein sollte. Wobei eine Turgorverbesserung des Gewebes, mit einem Ausbau der Fibrosierung des Fettdepots korrelieren sollte, kann nicht generell vermutet werden, da solche Fibrosierungen bei allen RF-Behandlungen, unabhängig von ihren Parametern ausgebaut werden (s. Kasten 8).

 

 

Kasten 8. Veränderungen der Fettstruktur nach RF-Anwendung bei Cellulite

Sonografische Untersuchung von acht Probanden (25-40 Jahre alt) mit Cellulite im glutealen Bereich hat gezeigt, dass zwei von diesen Personen mit einer Senkung (bis zu ca. 51%), zwei mit einer Steigerung (bis zu ca. 59%) und die restlichen vier ohne jegliche Veränderung der durchschnittlichen adipösen Schicht auf die gleichen RF-Ströme reagierten [28]. Wobei sechs Probanden mit einer Reduktion der Fibrosierungen auf die Behandlung reagierten, demonstrierte eine Probandin eine deutlich verstärkte Fibrosierung in Subkutis und eine andere zeigte keine Reaktion von diesen Strukturen auf durchgeführte RF-Behandlungen.

 

 

Zweitens, dermale Adipozyten, die eine oberflächige Schicht des subkutanen Fettgewebes bilden und auch Teilweise tief in die Dermis eindringen, werden der höheren Stromdichten als tiefere subkutane Adipozyten ausgesetzt; somit sollten diese Zellen auch stärker als die tieferliegenden subkutanen Adipozyten, auf die RF-Ströme reagieren. Die räumliche Nähe von diesen Zellen zu dermalen Fibroblasten und ihre parakrinen Aktivitäten, können zu erheblicher Veränderung der extrazellulären Strukturen in der Dermis führen [23,24]. Eine Besonderheit von diesem Wirkmechanismus liegt darin, dass dermale Adipozyten sich nicht im ganzen Hautvolumen, sondern vielmehr in einer Schicht neben der Grenze Dermis-Subkutis befinden. Um dermale Adipozyten optimal stimulieren zu können, sollte somit die in die Haut eingebrachte Energie, hauptsächlich in dieser Schicht konzentriert werden.

 

 

Dieses Behandlungsziel unterscheidet sich im Grundsatz von konventionellen Zielen in den ästhetischen Behandlungsmethoden, die bis jetzt, auf eine möglichst homogene Volumenbehandlung ausgelegt wurden. Das kann zu einem kompletten Paradigmenwechsel in der Behandlungsstrategie führen. Bei RF-Anwendungen wird das zu einer speziellen RF-Elektrodenkonfiguration führen, welche es ermöglichen sollte, die RF-Energie genau an der Grenze Dermis-Subkutis zu konzentrieren.

 

 

Zusammenfassung

Die Grundlagen der Anwendung von radiofrequenten Strömen in der ästhetischen Medizin, müssen neu aufgestellt werden. Anstatt des weit akzeptierten, aber biophysikalisch unrealistischen Mechanismus des „Kollagenschrumpfens“, sollte eine endogene Hyaluronan-Produktion als kurzfristige Reaktion der Haut auf RF-Energie, in Betracht gezogen werden. Für langfristigere Ergebnisse sollte nicht die Neokollagenese, sondern eine Modifizierung des Fettgewebes, besonders im Bereich der dermalen Adipozyten, verantwortlich sein. So eine Änderung der Grundlagen wird ein Paradigmenwechsel in der Behandlungsstrategie verlangen, weil für optimale Behandlungsergebnisse die RF-Energie in einer Hautschicht und nicht im ganzen Hautvolumen konzentriert werden sollte.

Korrespondenz-Adresse

Dr. rer. nat. habil. Ilja L. Kruglikov
Wellcomet GmbH, Karlsruhe
Greschbachstraße 2-4
D-76229 Karlsruhe
i.kruglikov@wellcomet.de

Conflict of Interests

Dr. I. Kruglikov is the managing partner of Wellcomet GmbH.

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