Übersichtsarbeit
Jürgen Lademann
Hautkarotinoide als Markersubstanzen für Ernährung und Stress
Cutaneous carotenoids as marker substances for nutrition and stress
Keywords | Summary | Correspondence | Literature
Keywords
Antioxidants, reflectance spectroscopy, resonance raman spectroscopy, skin, skin aging
Schlüsselworte
Antioxidantien, Haut, Hautalterung, Remissions-Spektroskopie, Resonanz-Raman-Spektroskopie
Summary
Studies of the interaction between antioxidants and free radicals in the skin are an important prerequisite for the development of strategies against premature skin aging. This article addresses the research into this topic carried out at the Center of Experimental and Applied Cutaneous Physiology of the Charit. – Universit.tsmedizin Berlin.
Zusammenfassung
Untersuchungen zur Wechselwirkung von Antioxidantien und freien Radikalen in der Haut sind eine wichtige Grundlage für die Entwicklung von Strategien zur Prävention von Hautalterung. Die Studien, welche im Bereich Hautphysiologie an der Charité hierzu durchgeführt wurden, sind in diesem Beitrag beschrieben.
Einleitung
Der Wunsch nach einer jungen Haut bis ins hohe Alter ist so alt wie die Menschheit. Bereits im alten Ägypten wurden Öle eingesetzt, um die Haut zu pflegen und sie vor Austrocknung zu schützen.
Eine wichtige Ursache fu?r die Hautalterung ist der Einfluss der Sonnenstrahlung, welche freie Radikale in der Haut erzeugt [1–3]. Ein weiterer Aspekt ist die genetische Veranlagung über die wir verfügen [4].
Antioxidantien bilden ein wichtiges Schutzsystem im menschlichen Organismus gegenu?ber der schädigenden Wirkung von freien Radikalen [5–7]. In geringen Konzentrationen sind diese freien Radikale wichtig, um Signalprozesse zu steuern. In hohen Konzentrationen fu?hren sie zu Schädigungen der Zellen und der Zellbestandteile [8]. Hautalterung, Immunsuppression und sogar Hautkrebs können die Folge sein [9–11]. Zu den Antioxidantien in der menschlichen Haut gehören Vitamine, die Karotinoide und einige Enzyme. Die meisten dieser Antioxidantien können nicht im menschlichen Organismus gebildet, sondern müssen diesem mit der Nahrung, vor allem in Form von Obst und Gemüse, zugeführt werden. Antioxidantien bilden Schutzketten in der menschlichen Haut. Das bedeutet, sie gehen gemeinsam gegen die Wirkung der freien Radikale vor. Wenn es gelingt, eine dieser Substanzen zu detektieren, so gewinnt man Informationen über das gesamte antioxidative Potenzial der menschlichen Haut, auch wenn sich bezüglich der Kinetik, der Anreicherung und des Abbaus Unterschiede ergeben. Die Karotinoide stellen z. B. solche Markersubstanzen fu?r das gesamte antioxidative Potential der menschlichen Haut dar [12, 13].
In der Vergangenheit war es schwierig, Antioxidantien und speziell Karotinoide in der Haut zu messen. Hier mussten Gewebeproben bzw. Blutproben entnommen werden, welche dann mit Hochdruckflüssigkeitschromatografie (HPLC) oder Massenspektroskopie (MS) analysiert wurden. Hierbei handelt es sich um invasive Verfahren. Zudem ist es nicht möglich, eine entnommene Probe bei kinetischen Messungen ein zweites Mal zu analysieren.
Seit ungefähr zehn Jahren ist es möglich, Karotinoide spektroskopisch mithilfe von Resonanz-Raman-Spektroskopie [14, 15], aber auch mit Remissions-Spektroskopie [16] nicht invasiv in der Haut nachzuweisen. Beide Systeme wurden kalibriert und weisen identische Messwerte auf. Die Messungen dauern nur wenige Sekunden. Heute stehen für die Remissions-Spektroskopie miniaturisierte Messsysteme mit den Abmessungen ähnlich einer Computermaus zur Verfügung.
Im Bereich Hautphysiologie der Klinik für Dermatologie, Venerologie und Allergologie der Charité – Universitätsmedizin Berlin wurde ein Raman-Spektrometer entwickelt, mit welchem es möglich ist, das Beta-Karotin und das Lykopin in der menschlichen Haut selektiv und hochempfindlich zu detektieren. Dieses Messsystem ist in Abbildung 1 links dargestellt, während die rechte Abbildung einen miniaturisierten Hautscanner der biozoom services GmbH zeigt, welcher über Remissionsmessungen die Konzentration der Karotinoide in der Haut bestimmt.
Die Kinetik der Karotinoidkonzentration von Probanden innerhalb eines Jahres
Da anfänglich nur wenige Informationen darüber vorlagen, welche Schlussfolgerungen aus spektroskopischen Messungen zum antioxidativen Potenzial abgeleitet werden können, erfolgte die erste Studie des Bereiches Hautphysiologie der Charité – Universitätsmedizin Berlin mit dem Resonanz-Raman- Spektrometer über den Zeitraum von einem Jahr an Mitarbeitern [17] des Bereichs. Hierbei wurde jeder Proband an Arbeitstagen täglich vor dem Mittagessen gemessen. Das Ernährungs- und Stressverhalten wurde durch Fragebögen erfasst. Dabei zeigte es sich, dass das antioxidative Potenzial der Probanden eine Art Fingerabdruck sowohl für deren Ernährungs- als auch für das Stressverhalten darstellt. Raucher mit ungesunder Ernährung hatten sehr niedrige Werte. Personen, welche sich um eine gesunde Lebensweise bemühten, hatten sehr hohe Werte. Weiterhin wiesen alle Probanden in den Sommer- und Herbstmonaten höhere Karotinoidwerte als in den Frühlingsund Wintermonaten auf. Erkältungen, die zwar Unwohlsein hervorriefen, aber zu keiner Arbeitsunfähigkeit fu?hrten, reduzierten bei den Probanden das antioxidative Potenzial der Haut [17]. Ein vereinzelter starker, kurzzeitiger Abfall des antioxidativen Potenzials bei einigen Probanden in den Monaten Juni bis August konnten Sommernachtsfesten zugeordnet werden. Der Genuss von Alkohol und Schlafmangel führten zu Belastungen im Organismus, wodurch die Antioxidantienkonzentration reduziert wurde.
Einflussfaktoren auf das antioxidative Potenzial
Bei der Ein-Jahres-Studie, welche an Probanden des Bereichs Hautphysiologie erfolgte, wurde kein Einfluss auf die Lebensweise und das Stressverhalten genommen. In weiteren Studien wurden dann Parameter, welche sich in der Ein-Jahres-Studie als signifikant herausstellten wie z. B. UV-Bestrahlung, Alkoholkonsum und Infrarotbestrahlung genutzt, um deren Einfluss auf das antioxidative Potenzial der Haut zu untersuchen.
Im Rahmen dieser zweiten Studie konnte gezeigt werden, dass Wodka oder Bacardi in bei Feiern üblicherweise eingenommener Menge (1 ml Ethanol per Kilogramm Körpergewicht) das antioxidative Potenzial deutlich reduzieren [18]. Bereits nach 30 Minuten kommt es zu einem sehr starken Abfall des antioxidativen Potenzials und es sind 4 Tage gesunder Ernährung notwendig, um die ursprünglichen Werte wieder zu erreichen.
Im Rahmen dieser Studie wurde nicht nur das antioxidative Potenzial, sondern auch die minimale Erythemdosis (MED) der Probanden gemessen. Die minimale Erythemdosis ist die Dosis an ultravioletter (UV) Strahlung, welche notwendig ist, um einen Sonnenbrand auf der Haut zu erzeugen. Mithilfe eines Erythemtesters wurden diese Untersuchungen zu Beginn der Studie durchgeführt, als sich das antioxidative Potenzial auf hohem Niveau befand. Eine MED-Messung erfolgte nach Alkoholkonsum, als das antioxidative Potenzial auf das Minimum gesunken war [18]. Dabei zeigte es sich, dass die Probanden bei reduziertem antioxidativen Potenzial deutlich schneller einen Sonnenbrand bekamen als bei einem intakten antioxidativen Schutzsystem.
Interessanterweise konnte die Wirkung des Alkohols auf das antioxidative Potenzial vermindert werden, wenn Wodka oder Bacardi zusammen mit Orangensaft getrunken wurde [18]. Hier kommt es offensichtlich zu einer Wechselwirkung der Antioxidantien des Orangensafts mit den freien Radikalen, welche beim Alkoholkonsum entstehen, so dass das antioxidative Potenzial der Haut nur geringfügig reduziert wird [18].
Wie aus der Literatur bekannt ist, führt UV-Strahlung auf der Haut zu einer Reduktion des antioxidativen Potenzials [19]. Dieser Effekt konnte auch in Studien an der Charité nachgewiesen werden [20]. Darüber hinaus zeigte es sich, dass Infrarotstrahlung zur Bildung von freien Radikalen in der Haut führt [21]. Dieses Ergebnis ist sehr überraschend, da die Energie von Infrarotphotonen nicht zur Radikalbildung ausreicht. Die mithilfe der Resonanz-Raman-Spektroskopie erzielten Ergebnisse konnten jedoch durch Elektronen-Spin-Resonanzmessungen (ESR) bestätigt werden [22, 23]. Mit Elektronen-Spin-Resonanzmessungen ist man in der Lage, direkt die Bildung von freien Radikalen im menschlichen Gewebe unter In-vivo-Bedingungen zu analysieren.
Freie Radikale und Sonnenschutz
Die Tatsache, dass im infraroten, und wie später nachgewiesen werden konnte, auch im sichtbaren Bereich freie Radikale durch Sonnenstrahlung entstehen, wurde 2009 durch Zastrow et al. [3, 21] bestätigt, welche das Aktionsspektrum von freien Radikalen im Spektralbereich der Sonnenstrahlung bestimmten (Abb. 2). Dabei stellte sich heraus, dass ca. 50 % der freien Radikale im UV-Bereich und die anderen ca. 50 % im sichtbaren und infraroten Spektralbereich gebildet werden [21]. Da Sonnenschutzmittel jedoch nur UV-Filter enthalten, also im UV-Bereich vor Sonnenbrand schützen, führt das dazu, dass diese Personen wesentlich länger in der Sonne bleiben ohne einen Sonnenbrand zu bekommen [24]. In dieser Zeit erhöht sich jedoch ihre Dosis von sichtbarem und infrarotem Licht dramatisch, was wiederum zu hohen Radikalkonzentrationen führt.
Die oben aufgeführten Ergebnisse sind ein klarer Beweis dafür, dass Sonnenschutzmittel nicht nur einen UV-, sondern auch einen Lichtschutz aufweisen müssen. Der Lichtschutz im sichtbaren und infraroten Bereich erweist sich jedoch als schwierig, da hierfür keine Filtersubstanzen zur Verfügung stehen. Der menschliche Organismus hat jedoch einen Eigenschutz gegenüber der schädigenden Wirkung der Sonnenstrahlung auch im sichtbaren und infraroten Spektralbereich. Hierbei handelt es sich um die Lichtschwiele [25], welche zu einer Verdickung des Stratum corneum führt. Auch die Melaninproduktion, d. h. die Bräunung der Haut, stellt einen Lichtschutz dar. Das Melanin ist nicht nur ein guter UV-Absorber, sondern auch ein sehr guter Streuer für Photonen der Sonnenstrahlen im sichtbaren und infraroten Spektralbereich. Darüber hinaus verfügt die Haut noch über Antioxidantien, welche freie Radikale, wenn sie in der Haut gebildet werden, neutralisieren können [26, 27]. Im Rahmen einer Studie wurden vier kommerzielle Sonnenschutzmittel mit gleichem Lichtschutzfaktor (SPF) in Apotheken bzw. Drogerien gekauft und bezüglich ihrer radikalbildenden Eigenschaften unter Bestrahlung im infraroten und sichtbaren Spektralbereich analysiert [28]. Dabei traten ähnliche Schutzmechanismen, wie sie beim Eigenschutz des menschlichen Organismus vorliegen, auf. Die Pigmente wirken auch im sichtbaren und infraroten Spektralbereich. Sie streuen und reflektieren die Photonen der Sonnenstrahlung und weisen daher auch hier einen Schutzeffekt auf. Darüber hinaus neutralisieren die Antioxidantien, welche Sonnenschutzmitteln ursprünglich zugegeben wurden, um die organischen UV-Filter zu stabilisieren, die im sichtbaren und infraroten Spektralbereich gebildeten Radikale. In dieser Studie wurden sowohl die Antioxidantien bezüglich ihrer neutralisierenden Wirkung auf freie Radikale untersucht als auch die optischen Eigenschaften in Bezug auf Reflektion und Streuung durch Nano- und Mikropigmente. Diese Untersuchungen zeigen eindeutig, dass es zwei Parameter gibt, mit denen ein Sonnenschutz auch im sichtbaren und infraroten Spektralbereich realisiert werden kann. Zum einen sind das die Pigmente in Form von Titandioxid und Zinkoxid, zum anderen die Antioxidantien. Während die Zugabe von Pigmenten in Sonnenschutzmitteln auf ca. 10 % limitiert ist, da sonst die Formulierung unphysiologische Eigenschaften aufweist und von den Probanden nicht verwendet wird, kann die Konzentration der Antioxidantien in Sonnenschutzmitteln deutlich erhöht werden.
Für alle vier untersuchten Sonnencremes konnte ein Schutz vor der schädigenden Wirkung der Sonnenstrahlung sowohl im sichtbaren als auch im infraroten Spektralbereich in Ergänzung zum UV-Schutz nachgewiesen werden.
Freie Radikale und Hautalterung
Mit der im Bereich Hautphysiologie vorhandenen Resonanz-Raman- Messmethode wurden bisher mehrere tausend Probanden analysiert. Dabei zeigte es sich, dass Personen mit hohen Konzentrationen an Karotinoiden in der Haut für ihr Alter jünger aussehen. Dieses subjektive Empfinden sollte im Weiteren durch eine objektive Studie bestätigt werden. Hier wurden Probanden im Alter von ca. 50 Jahren bezüglich ihrer Hautalterung und ihresantioxidativen Potenzials untersucht [29].
Das antioxidative Potenzial der Probanden wurde an der lichtexponierten Haut der Stirn gemessen. Daru?ber hinaus wurde an derselben Stelle der Hautzustand bestimmt. Mithilfe des Oberflächenprofilometrie-Messgeräts Primos (GMF Messtechnik, Teltow) war es möglich, die Rauigkeit der Haut, d. h. die Faltendichte und -tiefe in Form einer Maßzahl zu bestimmen. Ein Vergleich dieser Hautrauigkeit mit der Konzentration der Antioxidantien in der menschlichen Haut zeigte, dass Personen mit einer hohen Konzentration von Antioxidantien eine deutlich geringere Hautrauigkeit aufweisen als Personen mit geringer oder nicht vorhandener Antioxidantienkonzentration [29].
Diese Ergebnisse belegen klar, dass eine gesunde Lebensweise mit Verzehr von Obst und Gemüse die beste Prävention gegenüber Hautalterung darstellt. Im Ergebnis dieser Studie nahmen sich viele der Probanden, die niedrige Konzentrationen von Antioxidantien aufwiesen, vor, ihr Ernährungs- und Stressverhalten zu ändern. Wenn Probanden im Alter von 50 Jahren diesen Entschluss fassen, so ist das eine gute Voraussetzung fu?r die Reduzierung der Hautalterung für die nächsten Jahrzehnte. Leider ist es jedoch nicht möglich, sich wieder „jung“ zu essen.
Daher wurde beschlossen, derartige Untersuchungen an Jugendlichen durchzuführen, deren Ernährungs- und Stressverhalten noch beeinflusst werden kann, bevor die ersten Falten auftreten.
Herausbildung einer bewussten Lebensweise bei Schülern unter Biofeedback-Messungen Die Untersuchungen erfolgten in diesem Falle nicht mit dem Resonanz-Raman-Spektrometer, sondern mit dem Hautscanner der biozoom services GmbH. Der Hautscanner hat die Größe einer Computermaus und konnte daher bei der vorliegenden Studie an 50 Schülern, welche sich auf ihr Fachabitur auf dem Gebiet Ernährungslehre und Biologietechnik vorbereiteten, sehr erfolgreich eingesetzt werden. Die Studie [30] erfolgte über zwei Monate, wobei die Schüler im ersten Monat gebeten wurden, ihren üblichen Lebensstil beizubehalten. Sie wurden vermessen, jedoch wurden ihnen die Messwerte nicht mitgeteilt. Im zweiten Monat wurden sie gebeten, ihr Stress- und Ernährungsverhalten deutlich zu ändern. Sie wurden in einer Informationsveranstaltung geschult, erhielten ein gesundes Mittagessen in der Schulmensa und wurden gebeten, zum Frühstück auch Obst und Gemüse zu essen. In diesem Monat erfuhren die Schüler ihre Messwerte direkt nach der Messung.
Überraschenderweise waren die Konzentrationen der in der Haut der Schüler gemessenen Antioxidantien bereits im ersten Monat sehr hoch. Die Schüler waren sich der Messungen bewusst und versuchten ihren Lebensstil zu verbessern, obwohl sie die Werte nicht erfuhren. Im zweiten Monat erhöhten sich die Karotinoidkonzentrationen in der Haut noch einmal deutlich, wobei sich zeigte, dass eine gesunde Ernährung zwar sehr wichtig ist, aber eine Reihe von Stressprozessen – wie Erkrankung oder Prüfungsangst – das antioxidative Potenzial wieder reduzieren können [30].
Obwohl die Schüler diese Untersuchungen anfänglich als ein Spiel betrachteten, versuchten sie dennoch, ihr antioxidatives Potenzial zu steigern. Durch den Austausch der Werte während der Mittagspause kam es zu einer Gruppendynamik, in deren Verlauf sich jeder um die besten Werte bemühte. Nach einigen Wochen stellten die Probanden fest, dass sie sich leistungsstärker als zu Beginn der Untersuchungen fühlten. Am Ende der Studie wurden die Schüler nach ihren Erfahrungen aus der Studie befragt. Fast alle wiesen darauf hin, dass sie Ratschläge ihrer Eltern und Lehrer zur Lebensführung zwar kaum beherzigen, sie das Biofeedback mit ihrem eigenen Körper jedoch ernst nehmen und gewillt sind, daraus Schlussfolgerungen zu ziehen.
Sechs Monate nach Abschluss der Studie erfolgte – für die Schüler unangekündigt – noch einmal eine Bestimmung der Antioxidantien in der Haut unter der Fragestellung, ob es sich bei der deutlichen Verbesserung ihres Ernährungs- und Stressverhaltens im zweiten Monat um einen nachhaltigen Effekt handelte oder ob dieser Effekt nur durch das regelmäßige Messen der Antioxidantien bedingt wurde [30]. Bei dieser Messung zeigte es sich sehr schnell, dass die Schüler auch nach sechs Monaten noch sehr hohe Werte, teilweise sogar höhere Werte als nach dem zweiten Monat aufwiesen. Fast alle Schüler hatten ihr Ernährungs- und Stressverhalten deutlich verbessert und bemühten sich, dieses auch nach der Studie beizubehalten. Diese Untersuchungsergebnisse waren so überraschend positiv, dass derartige Messungen in den regulären Unterricht integriert werden sollten, um allen Schülern eine positive Entwicklung ihres Ernährungs- und Stressverhaltens zu ermöglichen.
Antioxidantien und Anwendungen im klinischen Bereich
Die Messung der Antioxidantien in der menschlichen Haut ist nicht nur für den Bereich der Kosmetik und den Wellnessbereich von großem Interesse, sondern auch in der Klinik werden derartige Untersuchungen eingesetzt. Dies betrifft u. a. die Prävention von dermalen Nebenwirkungen bei Patienten unter Chemotherapie sowie therapiebegleitende Maßnahmen bei Psoriasis und atopischer Dermatitis [31].
Abschließend sollen Ergebnisse vorgestellt werden, welche an Schwangeren und Neugeborenen mit diesen Messungen erzielt wurden. Im Rahmen der Studie sollte geklärt werden, wie sich das antioxidative Potenzial des Organismus am Beispiel der Haut während der Schwangerschaft verändert und ob die Kinder von Müttern mit einem hohen antioxidativen Potenzial ebenfalls hohe Konzentrationen von Antioxidantien aufweisen [32]. Diese Untersuchungen erfolgten wiederum mit dem Hautscanner der biozoom services GmbH.
Die Mütter wurden jeweils in der 39. Schwangerschaftswoche, sowie beim Einsetzen der Wehen als auch am 1. und 5. Tag nach der Geburt des Kindes gemessen. Dabei zeigte es sich, dass alle Mütter ein hohes antioxidatives Potenzial aufwiesen, da sie Nahrungsergänzungsmittel während der Schwangerschaft einnahmen. In den letzten Tagen vor der Entbindung kam es bei den Schwangeren jedoch zu einem sehr starken Abfall der Antioxidantien. Dieser starke Abfall kann ku?nftig dazu genutzt werden, den Geburtstermin des Kindes sehr genau vorherzusagen. Die Neugeborenen wiesen unmittelbar nach der Geburt ein sehr hohes antioxidatives Potenzial auf, welches doppelt (oder sogar viermal) so hoch war wie das Potenzial ihrer Mütter [32]. Diese hohe Konzentration der Antioxidantien fällt dann sehr schnell ab, was auf die Stresssituation der Neugeborenen in der für sie ungewohnten Umgebung nach der Geburt hinweist. Erst durch die Aufnahme von Muttermilch wurde dieser starke Abfall kompensiert. Offensichtlich entzieht das Kind in den letzten Tagen vor der Geburt der Mutter noch erhebliche Mengen von Antioxidantien, um diese sehr hohen Werte bei der Geburt zu erreichen.
Ergebnisse/Diskussion
In den letzten Jahren hat sich eine sehr positive Entwicklung bei der Bereitstellung von Messsystemen zur Bestimmung des antioxidativen Potenzials der menschlichen Haut ergeben. Während erste Untersuchungen im Bereich Hautphysiologie der Charité noch mit einem großen Resonanz-Raman-Spektrometer erfolgten, gibt es heute kleine handliche Systeme, mit denen es möglich ist, das antioxidative Potenzial nicht invasiv in der Haut zu bestimmen. Diese Systeme finden sowohl im kosmetischen als auch im Wellnessbereich ihre Anwendung, sie werden aber auch für klinische Untersuchungen genutzt. Dabei ist die Konzentration der Antioxidantien in der menschlichen Haut immer das Ergebnis aus Ernährungs- und Stressverhalten der Probanden.
Während das Ernährungsverhalten individuell geplant und bewertet werden kann, ohne dass es hierfür einer Messung der Antioxidantien in der Haut bedarf, ist die Bewertung des Einflusses von Stressprozessen auf unseren Organismus für den Einzelnen jedoch schwierig. Die durchgeführten Studien zeigen, dass es eine Änderung des Ernährungs- und Stressverhaltens bei Probanden im Ergebnis dieser Messungen gibt, welche eine hohe Nachhaltigkeit aufweist.
Während für die Durchsetzung einer gesunden Ernährung viele Strategien und Empfehlungen zur Verfügung stehen, gibt es jedoch nur wenige Maßnahmen, die eine Stressbewältigung zum Ziel haben. Zudem war bisher kein objektiver Parameter zur Veranschaulichung von Erfolgen einer Stressbewältigungsstrategie oder Ernährungsumstellung vorhanden, den man kontinuierlich und flächendeckend einsetzen konnte. Hier liegt der Schwerpunkt von künftigen Entwicklungen, welche in enger Kombination mit der Bestimmung von Antioxidantien in der menschlichen Haut verbunden sind.
Korrespondenz-Adresse
Prof. Dr. Dr.-Ing. Jürgen Lademann
Charité - Universitätsmedizin Berlin
Klinik für Dermatologie, Venerologie und Allergologie
Bereich Hautphysiologie
Charitéplatz 1
D-10117 Berlin
Conflict of Interests
Wir danken der biozoom services GmbH für die Bereitstellung der Messtechnik und der Universitätsfrauen- und Poliklinik am Klinikum Südstadt Rostock für die Unterstützung der Forschungsarbeiten zur Analyse des antioxidativen Potenzials von Schwangeren und Neugeborenen.
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