Übersichtsarbeit
Ilja L. Kruglikov
Dermale Adipozyten in Dermatologie und ästhetischer Medizin – Neue Therapieansätze
Dermal Adipocytes in Dermatology and Aesthetic Medicine - New treatment approaches
Keywords | Summary | Correspondence | Literature
Keywords
acne, acneiform rash, de-differentiation, Dermal adipocytes, metabolic reprogramming, re-differentiation, skin aging
Schlüsselworte
Akne, Dedifferenzierung, Dermale Adipozyten, Hautalterung, metabolische Umprogrammierung, papulopustulöse Exantheme, Redifferenzierung
Summary
Recently discovered recurrent de- and re-differentiations of mature dermal adipocytes located at the dermis-subcutis interface have serious consequences for dermatology and aesthetic medicine. In this article we discuss the new experimental findings demonstrating that dermal adipocytes can reprogram dermal fibroblasts and that these cells are substantially involved in pathophysiology of acne and acneiform rash. Dermal adipocytes appear as the universal target in different pathological skin conditions and aging, which demands development of new therapies in dermatology and aesthetic medicine.
Zusammenfassung
an der Grenze Dermis-Subkutis hat gravierende Konsequenzen für Dermatologie und ästhetische Medizin. In diesem Artikel diskutieren wir die neuen experimentellen Erkenntnisse, die demonstrieren, dass diese Zellen sowie die dermalen Fibroblasten metabolisch umprogrammieren können als auch in die Pathophysiologie der Akne und die Entstehung der papulopustulösen Exantheme involviert sind. Dermale Adipozyten entwickeln sich immer mehr zu universellen Targets in verschiedenen Hauterkrankungen sowie in der Hautalterung, was nach einer Weiterentwicklung der Therapien in Dermatologie und ästhetischer Medizin verlangt.
Einführung
Die Dermalen Adipozyten haben innerhalb von wenigen Jahren eine spektakuläre Entwicklung von unbedeutenden Artefakten bis hin zu den wichtigsten Playern in der Dermatologie und der ästhetischen Medizin hingelegt [1,2]. Dabei durchliefen sie alle Stadien einer klassischen Neuentwicklung – von einer Verleugnung, über eine mögliche Existenz bis hin zu einer Selbstverständlichkeit ihres Daseins. Wirklich überraschend ist jedoch etwas anders – nämlich wie schnell die Grundsteine der Dermatologie durch die Existenz der dermalen Adipozyten erschüttert wurden. Davon betroffen sind nicht nur verschiedene entzündliche und hyperproliferative Hauterkrankungen, sondern auch die Trichologie und die Hautalterung. Die Entwicklung auf diesem Gebiet ist so rasant, dass selbst professionelle Wissenschaftler Schwierigkeiten haben, diese zeitnah zu verfolgen. Mit jeder neuen Erkenntnis in Bezug auf die Pathophysiologie verschiedener Hauterkrankungen ändern sich auch die entsprechenden Therapieansätze.
Wir sprechen hier explizit über drei neue experimentelle Erkenntnisse zu dermalen Adipozyten, nämlich,
- dass dermale Adipozyten mit retikulären Fibroblasten interagieren und deren Stoffwechsel erheblich beeinflussen können, was sogar zu einer Seneszenz dieser Hautzellen führen und somit ihre Kollagenproduktion signifikant unterdrücken kann [3,4];
- dass perifollikuläre Präadipozyten (unreife Adipozyten) große Mengen von antimikrobiellen Peptiden produzieren können und somit eine wichtige Rolle in der Akne-Pathogenese spielen sollten [5];
- dass papulopustulöse Exantheme, die häufig nach Anwendung einiger Präparate beobachtet werden, ursächlich mit einer Atrophie des dermalen adipositären Gewebes (dermal white adipose tissue, dWAT) verbunden sind, und dass eine Wiederherstellung dieser Schicht zu einer deutlichen Verbesserung des Hautzustandes führt [6].
Diese Ergebnisse haben nicht lediglich eine theoretische Bedeutung, sondern zeigen auch die Wege für zukünftige neue Therapien in der Dermatologie und in der ästhetischen Medizin.
Dermale Adipozyten können dermale Fibroblasten metabolisch umprogrammieren
Synthetisch aktive junge Fibroblasten haben einen ausgeprägten glykolytischen Phänotyp, was bedeutet, dass diese Zellen hauptsächlich Glukose und nicht freie Fettsäuren (FFS) oder Aminosäuren verarbeiten. Solche metabolische Präferenz scheint ein natürliches biologisches Phänomen zu sein, weil sie in verschiedenen Gewebstypen beobachtet wurde [4]. Mit zunehmendem Alter reduzieren Fibroblasten ihre synthetische Aktivität und können sogar dabei einen seneszenten Phänotyp entwickeln. Verschiedene Experimente in vitro haben gezeigt, dass der glykolytische Phänotyp die Zellen vor einer Seneszenz grundsätzlich schützt, während eine Aktivierung der Fettsäuresynthase (FASN) die Seneszenz induziert. Im Umkehrschluss kann eine gezielte Reduktion der FASN die Seneszenz-Entwicklung in Fibroblasten verlangsamen oder sogar stoppen. Hierbei muss berücksichtigt werden, dass eine erhöhte synthetische Aktivität der Fibroblasten charakteristisch für einen glykolytischen Stoffwechsel ist, während eine erhöhte Verwendung der FFS diese Zellen auf einen katabolischen Phänotyp mit einem typischen Abbau der extrazellulären Matrix umstellt.
Im Falle eines Glukosemangels können Fibroblasten ihren Metabolismus schnell auf Aminosäuren oder FFS umstellen. Gleichzeitig zeigen alte Fibroblasten eine höhere Produktion von Lipiden und FASN in vitro. Während Fibroblasten die FFS selbst synthetisieren können, bevorzugen sie diese Substrate – falls vorhanden – aus ihrer Umgebung zu verwerten [4]. Und genau an diesem Punkt kommen dermale Adipozyten ins Spiel. Diese Zellen können eine große Menge der FFS im extrazellulären Raum freisetzen, die dann von den benachbarten Zellen (in erster Linie sind das die retikulären Fibroblasten) aufgenommen werden können. Die Freisetzung der FFS durch die dermalen Adipozyten kann dabei spontan oder induziert erfolgen. Spontane Freisetzung der FFS erfolgt in der Katagen-Phase des Haarzyklusses, wo sich dermale Adipozyten in fibroblastähnliche Präadipozyten dedifferenzieren [7]. Während der Redifferenzierung der Präadipozyten in die reifen Adipozyten in der Anagen-Phase des Haarzyklusses werden die FFS dagegen aus dem extrazellulären Raum wieder aktiv aufgenommen, um die typischen Fetttropfen in diesen Zellen zu bilden (Abb. 1). Eine induzierte Freisetzung der FFS erfolgt dagegen bei Anwendung bestimmter Präparate bzw. durch Tumorzellen in der näheren Umgebung der Adipozyten.
Ein wichtiges Kennzeichen der Hautalterung ist die Reduzierung der Dermis-Dicke begleitet bei einer reziproken signifikanten Erweiterung der Schicht von dermalen Adipozyten (dWAT). Erweiterte dWAT in alternder Haut führt zu erhöhter Freisetzung der FFS und induziert somit eine höhere Aufnahme von diesem metabolischen Substrat bei benachbarten retikulären Fibroblasten. Wie wir es vor Kurzen gezeigt haben, gibt es eine starke Korrelation zwischen dem Volumen dermaler Adipozyten und dem Fettsäure-Metabolismus in dermalen Fibroblasten, was eine tiefe Auswirkung auf Produktion der extrazellulären Matrix hat [3]. Passend hierzu, führte eine Ablation der dermalen Adipozyten in Mäusen in vivo zu einer signifikanten Reduzierung der Gene, die für eine Oxidierung der FFS in Fibroblasten verantwortlich sind [3]. Dies bedeutet, dass eine Modifizierung der dWAT-Schicht eine phänotypische Veränderung in Fibroblasten hervorruft. Tatsächlich haben „gealterte“ Fibroblasten über 1000 Transkripte, die sich von solchen jungen Zellen unterscheiden. Viele davon sind in die Adipogenese oder den Lipidmetabolismus involviert. Dies bedeutet, dass eine Alterung der Fibroblasten mit einer Anschaffung der typischen adipogenen Marker in diesen Zellen verbunden ist. Alterungsbedingte Erweiterung der dWAT führt zu einer gesteigerten Freisetzung der FFS, die nicht mehr nur auf das Areal um die Haarfollikel herum begrenzt ist (wie es in jüngerer Haut der Fall sein sollte) und somit massive flächendeckende metabolische Veränderungen in benachbarten retikulären Fibroblasten hervorrufen kann.
Die FFS werden in die Zellen mit der Hilfe des multi-liganden CD36-Rezeptors transportiert. Interessanterweise tragen retikuläre Fibroblasten mehr CD36-Rezeptoren an ihren Zelloberflächen als die papillär angesiedelten Zellen, was bedeutet, dass papilläre Fibroblasten FFS als metabolisches Substrat kaum benutzen. Dies sollte dazu führen, dass retikuläre und papilläre Dermis-Schichten unterschiedlich altern. Noch interessanter wird es, wenn man berücksichtigt, dass die CD36 in sogenannten Caveolae (50-100 nm große Ω-förmige Einbuchtungen in Plasmamembranen) lokalisiert sind und eine ausreichende Menge des Proteins Caveolin-1 (CAV1) brauchen, um überhaupt die Aufnahme und den Transport der FFS durchführen zu können. Neben den dermalen Adipozyten, ist das CAV1 in den letzten Jahren zu einem weiteren wichtigen Highlight in der Dermatologie und der ästhetischer Medizin geworden, nachdem festgestellt wurde, dass dieses Protein ursächlich für verschiedene inflammatorische und hyperproliferative Hauterkrankungen (wo seine Expression stark reduziert ist) sowie für Hautalterung und chronische Wunden (wo seine Expression signifikant erhöht ist) verantwortlich sein sollte. So wurde bereits gezeigt, dass eine gezielte Modulation des CAV1-Gehaltes im Gewebe zu schnellen und langfristigen Hautbildverbesserungen bei verschiedenen inflammatorischen Hauterkrankungen (wie Psoriasis, Akne, Rosazea) und hypertrophen Narben führt, chronischen Wunden (wie diabetische Wunden, Ulcus cruris venosum, Dekubitus) langfristig und schnell schließen kann und effektiv bei Anti-Aging ist [8,9]. Die enorme Bedeutung von Caveolin für die Dermatologie und ästhetische Medizin sowie seine Modulationsmöglichkeiten verdienen eine separate Diskussion. Hier soll lediglich darauf hingewiesen werden, dass eine stark erhöhte Expression des CAV1 in alten Fibroblasten eine notwendige Bedingung für die CD36-vermittelte FFS-Endozytose darstellt und dass eine Interaktion der erhöhten Menge der CD36-Rezeptoren mit ihrem Ligand Aβ genügend für die Entwicklung einer Seneszenz in Fibroblasten sein sollte [4]. Umgekehrt betrachtet blockiert ein CAV1-Defizit die CD36-abhängige Endozytose, erhöht den Kohlenhydrat-Metabolismus und verhindert das metabolische Umschalten von Glykolyse auf FFS-Oxidierung. Eine gezielte Reduktion des CAV1 führt demnach zu einer Umschaltung von FFS auf Kohlenhydrate, was zukünftig einen neuen metabolischen Ansatz in der Anti-Aging-Therapie bilden könnte.
Peri-follikuläre dermale Präadipozyten sind ursächlich in die Akne-Pathogenese involviert
Bakterien C. acnes sind in tieferen Teilen der Haartalgdrüseneinheiten kolonisiert und verhalten sich in einer gesunden Umgebung in der Regel kommensalisch. Dieses Verhalten ändert sich grundlegend bei Akne. In menschlichen Akne-Läsionen sowie in akneförmigen Läsionen in der Mäusehaut wurde eine bemerkenswerte räumliche Colokalisierung zwischen dem Adipogenese-Marker und dem antimikrobiellen Peptid Cathelicidin (welches eine starke Wirkung gegen C. acnes hat) festgestellt [5]. Diese Colokalisierung ist kein Zufall und wird durch die Präsenz der C. acnes induziert. Wie wir bereits früher gezeigt haben, wird Cathelicidin massiv während der Redifferenzierung der perifollikulären dermalen Präadipozyten in reife Adipozyten in der Anagen-Phase des Haarfollikel-Zyklusses produziert [7]. Dies bedeutet, dass solche Cathelicidin-Expression mit Adipogenese in dermalen Adipozyten eng verbunden ist und bereits ohne vorhandene Pathogene stattfinden sollte. In Anwesenheit von Pathogenen wird diese Produktion jedoch noch einmal stark erhöht [10], was durch Bakterien-induzierte Aktivierung der Toll-like-Rezeptoren erklärt werden kann [5].
Retinoide werden bereits seit Jahrzehnten effektiv zur Aknebehandlung eingesetzt. Ihre Wirkung wurde in erster Linie mit einer Reduktion der Sebumproduktion in den Talgdrüsen erklärt. Jetzt wurde aber gezeigt, dass eine Behandlung der Mäuse und der Akne-Patienten mit Retinolsäure die Cathelicidin-Produktion im behandelten Areal erhöht, was letztendlich zu einer signifikanten Reduzierung der Akne-Läsionen führt [5]. Um die Frage zu beantworten, welcher der beiden Effekte tatsächlich eine grundlegende Rolle bei der Aknebehandlung spielt, wurden wilde und Cathelicidin-Knockout (Camp-/-) Mäuse (die kein Cathelicidin produzieren, allerdings intakte Talgdrüsen haben) mit C. acnes infiziert und danach mit Retinolsäure behandelt. Mit einem klaren Ergebnis – Camp-/--Mäuse haben deutlich größere akneförmige Läsionen entwickelt, die auch nicht auf Retinolsäuregabe reagiert haben, was die primäre Rolle der Cathelicidin- und nicht der Sebum-Reduktion in Akne-Behandlung bestätigen sollte. Gleichzeitig hat man eine starke Adipogenese (Transformation der Präadipozyten in reife Adipozyten) proximal zu Akne-Läsionen beobachtet [5], was auf eine direkte Involvierung dermaler Adipozyten in die Entstehung der Akne-Läsionen hindeutet. Das Ganze passt auch zur starken Produktion der Toll-like-Rezeptoren auf der Oberfläche dermaler Adipozyten und korreliert ebenfalls mit dem Einfluss von CAV1 auf die Akne-Pathophysiologie [11]. Dies macht den Einsatz von Behandlungsmethoden zur gezielten CAV1-Modulation bei Akne sehr erfolgsversprechend [12].
Papulopustulöses Exanthem als Folge der dWAT-Atrophie
Papulopustulöses Exanthem ist eine häufig (bei 70-90% von behandelten Patienten) auftretende Nebenwirkung nach Anwendung von Inhibitoren des epidermalen Wachstumsfaktor-Rezeptors (EGFR), die zu Standardtherapie bei Behandlung verschiedener Krebserkrankungen gehört. Diese Nebenwirkung ist schwer und führt dazu, dass in 8-17% aller Fälle die Krebstherapie reduziert oder sogar komplett abgebrochen werden muss [6]. Eine effektive Therapie gegen diese Nebenwirkung existiert nicht und die Patienten werden rein phänomenologisch mit Corticosteroiden oder Antibiotika behandelt. Grund dafür – die Pathophysiologie dieses Exanthems ist nicht bekannt. Es wurde vermutet, dass eine Störung der epidermalen Barriere, langsames Haarwachstum oder eine kutane Entzündung für diese Hautpathologie verantwortlich sind; jedoch zeigen Therapeutika, die mit solchen Mechanismen interferieren, eine sehr eingeschränkte Wirkung.
Biopsien von Nagetieren mit einer genetischen Ablation oder nach einer pharmakologischen Inhibierung des EGFR haben eine dramatische Atrophie der dWAT-Schicht aufgedeckt. Verlust des dWAT korrelierte dabei stark mit dem Exanthem-Grad und hatte eine kausale Wirkung auf Exanthem-Entstehung. Die Atrophie des dWAT wurde sowohl mit Reduzierung der Adipozyten-Anzahl als auch mit der Verkleinerung ihres Volumens verbunden, wobei die Volumenreduktion der Zellen zuerst stattfand, was auf eine induzierte Lipolyse hindeutet [6]. Weitere Analyse hat gezeigt, dass EGFR-Inhibitoren eine Dedifferenzierung der reifen Adipozyten in die Fibroblasten-ähnlichen Präadipozyten induzieren, die wir früher als einen wichtigen Faktor in der Entwicklung verschiedener inflammatorischer Hauterkrankungen beschrieben haben [2,7,12]. Die Anwendung des Rosiglitazons (Aktivator des PPARγ) führte wiederum zu einer Umkehrung des Prozesses der Dedifferenzierung und verbesserte signifikant der Hautzustand bei Exanthemen, ohne dabei die Effektivität der Krebstherapie zu reduzieren. Dies bedeutet natürlich nicht, dass die anti-diabetischen Präparate gleich zur Behandlung der entzündlichen Hauterkrankungen oder Hautalterung eingesetzt werden sollten. Allerdings könnten sie eine Grundlage für zukünftige neue Weg in der Dermatologie und der ästhetischen Medizin bilden.
Zusammenfassung
Neue Behandlungsmethoden in der Dermatologie und in der ästhetischen Medizin werden die Wirkungen auf dermale Adipozyten nicht nur berücksichtigen, sondern vielmehr auf diesen aufgebaut werden.
Korrespondenz-Adresse
Dr. rer. nat. habil. Ilja L. Kruglikov
Wellcomet GmbH, Karlsruhe
Greschbachstraße 2-4
DE-76229 Karlsruhe
i.kruglikov@wellcomet.de
Conflict of Interests
Dr. I. Kruglikov ist der geschäftsführende Gesellschafter der Firma Wellcomet GmbH. Wellcomet GmbH hat die Vorbereitung von diesem Artikel nicht beeinflusst.
Literatur
1. Kruglikov IL (2016) Dermale Adipozyten in Dermatologie und Ästhetischer Medizin: Fakten und Hypothesen. Kosmet Med 37(2): 52-59.
2. Kruglikov IL (2020) Entdeckung der Zelltransformationen in der Haut markiert den Beginn einer neuen Ära in der Dermatologie und Ästhetischen Medizin. Kosmet Med 41(2): 20-24.
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