Originalie


Zur Kryolipolyse unter besonderer Berücksichtigung allgemeinärztlich/internistischer Risikofaktoren: Erfahrungsbericht auf der Basis von 573 Behandlungszonen bei 274 Patienten

On cryoliplysis under special consideration of general/internal risk factors: a field report on the basis of 573 treatment zones in 274 patients

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Schlüsselworte

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Summary

Cryolipolysis has proven itself to be an efficiant procedure for noninvasive body contouring. Though it is low-risk, it is not risk-free. Besides radical tissue modification with influence on autoimmune processes, complications through internal/general diseases are to be considered. The cryolipolysis treatment by laymen in cosmetic studios etc. without substantial medical knowledge in risk selection and without practice standards for the treatment of complications, i.e. the occurrence of a prinzmetal-angina or hypertonic crises jeopardise patients from our point of view.

Zusammenfassung

Die Kryolipolyse hat sich als effizientes Verfahren zum nicht-invasiven Bodycontouring erwiesen. Sie ist zwar risikoarm, aber keineswegs risikolos. Neben tiefgreifenden Gewebsveränderungen mit Einfluss auf Autoimmunprozesse sind Komplikationen bei internistisch/allgemeinärztlichen Erkrankungen zu beachten. Die Durchführung von Kryolipolysen durch Laien in Kosmetikstudios etc. ohne medizinisch fundiertes Fachwissen zur Risikoselektion und ohne Praxisstandards zur Behandlung von Komplikationen wie z.B. dem Auftreten einer Prinzmetal-Angina oder hypertoner Krisen gefährdet aus unserer Sicht Patienten.


Einleitung

Aufgrund von Medienberichten besteht eine große, ständig steigende Nachfrage nach Kryolipoysebehandlungen zum Bodycontouring. Das Verfahren wird zunehmend auch von Laien in Fitnesszentren, Kosmetikstudios etc. angeboten und als schmerz- und risikolos beworben. Immer mehr Hersteller dängen auf den Markt.

Nach unserer Erfahrung gilt auch für die Kryolipolyse der Grundsatz der Medizin: Keine Wirkung ohne Nebenwirkung. Die Kryolipolyse ist zwar im Gegensatz zur Liposuction ein nichtinvasives Verfahren, bei effizienter Durchführung werden aber ganz erhebliche tiefgreifende Stoffwechselvorgänge ausgelöst. Wir berichten über die von uns festgestellten Risiken und Komplikationen, sowie über die von uns entwickelten Lösungsstrategien zur Risikovermeidung.

Patienten und Methodik

Behandelt wurden 274 Patienten in der Altersgruppe zwischen 18 und 73 Jahren, davon 225 weibliche und 49 männliche Patienten.

Folgende 573 Zonen wurden therapiert: Bauch (142), Hüften (136), Oberschenkel innen (104), Oberschenkel außen (62), Knie (32), Waden (32), Gesäß (20), Oberarme (50), Rückenfalte (8), Brust (12), Achseln (6). Mit den Geräten KryoShape 1.6 und 1.8 (Medical Shape GmbH, Schweiz) CoolSculpting (ZELTIQ. Aesthetics, Inc., USA) sowie KRYOKONTUR (LaserPoint International GmbH, Deutschland). Mit CoolSculpting wurde nur 1 Proband, mit KRYOKONTUR nur 10 Probanden behandelt, alle übrigen Behandlungen erfolgten mit KryoShape.

Anamnese und Voruntersuchung

Alle Behandlungen wurden grunds.tzlich vom Arzt selbst durchgeführt. Jeder Behandlung ging jeweils eine ausführliche internistisch/ allgemeinärztliche Anamnese und Untersuchung voraus mit Messung der Vitalparameter wie Blutdruck, Puls etc. und Bestimmung des individuellen Risikoprofiles.

 

Bei entsprechenden anamnestischen Auffälligkeiten wie z.B. dem Vorliegen einer Hashimoto Thyreoiditis erfolgten laborchemische Kontrollen, die in der angeschlossenen Arztpraxis oder beim Hausarzt der Patienten durchgeführt wurden.

 

Die Ausmessung der lokalen behandelten lipodysmorphen Veränderungen erfolgte mittels standardisierter Umfangmessung, Fettmesszange, bzw. Fettschichtmessung mittels hochauflösendem Ultraschall mit dem Ger.t PHILIPS HDZ. Zur sonographischen Bestimmung des intraabdominalen Fettes stand ein Sektorscanner mit 2,5 MHZ zur Verfügung, die Messung des subkutanen Fettes erfolgte mittels Linearscanner mit 7,5 MHZ. Die Sonographie lässt eine sehr exakte Bestimmung der Relation von intraabdominalem und subkutanem Fett zu, dem erfahrenen Untersucher gelingt das auch durch die klinische Untersuchung. Eine standardmäßige sonographische Untersuchung vor jeder Kryolipolyse halten wir nicht für erforderlich.

 

Patienten mit überwiegend intraabdominalem Fett, wie dies z.B. beim metabolischen Syndrom typisch ist, wurde von einer Kryolipolysebehandlung abgeraten und andere Maßnahmen zur Fettreduktion wie z.B. eine ketogene Diät ausführlich erörtert. Vor Empfehlung einer ketogenen Diät sollte die Nierenfunktion des Patienten bekannt sein, insbesondere Harnstoff, Kreatinin und GFR.

 

Behandlungsablauf / Behandlungskontrolle

Festlegung und Markierung der Behandlungszonen, Wahl der Vakuumkühlköpfe (bei den beiden von uns verwendeten Geräten stehen uns 12 Vakuumk.pfe mit 4 verschiedenen Formen zur Verfügung). Festlegung Kühlzeit, Vakuum, Behandlungsdauer, Aufsetzen der Kühlköpfe, die kontinuierliche Kontrolle des Kühlvorganges sowie evtl. notwendige Modifikationen der Parameter erfolgten bei allen Behandlungen grundsätzlich durch den Arzt ebenso wie die Abschlusskontrolle nach Behandlung mit Messung der Hauttemperatur und klinischer Kontrolle der Gewebekonsistenz.

 

Die Behandlungszeiten betrugen 60 Minuten bis 80 Minuten je nach Körperregion. Ergab die Temperaturmessung sowie die Palpation des Gewebes nach Behandlungsende keine befriedigenden Werte, erfolgte eine Verlängerung der Behandlungszeit. Kürzere Behandlungen sind nach unseren Erfahrungen eher nicht sinnvoll.

 

Alle Patienten erhielten eine Kontrolltermin nach 12 Wochen. Bei Patienten mit nicht befriedigendem Ergebnis bei konstantem Gewicht erfolgte eine Nachbehandlung mit intensivierten Behandlungsparametern, ergänzt von Ernährungsberatung und Stoffwechselanalysen wie z.B. Bestimmung der Schilddrüsenwerte, der Insulinresistenz, insbesondere des HOMA Indexes – vorausgesetzt die Patienten wünschten dies.

 

Abb. 1: Das KryoShape-System 1.8.

Abb. 1: Das KryoShape-System 1.8.

Ergebnisse

Für eine detaillierte Ergebnisauswertung ist es noch zu früh, trotzdem würden wir gerne folgende Beobachtungen zur Diskussion stellen:

 

Die Kryolipolyse erwies sich auch bei den von uns durchgeführten Behandlungen als eine wirksame Methode zur Reduzierung von umschriebenen, lokalen lipodysmorphen Veränderungen.

 

Abb. 2: Die verschiedenen Applikatoren des KryoShape 1.8.

Abb. 2: Die verschiedenen Applikatoren des KryoShape 1.8.

 

 

 

 

 

 

 

 

Bei mehr als 3/4 der kontrolliert nachuntersuchten Patienten kam es bei stabilem BMI zur Reduzierungen des Umfanges der Problemzonen. Der Effekt der Kryolipolyse fiel sehr unterschiedliche aus mit Umfangreduzierungen zwischen 1 cm und 11 cm – je nach Körperregion nach der ersten Behandlung. Wir haben den Eindruck, dass der Effekt bei Patienten unter 40 Jahren ausgeprägter ist als bei älteren.

 

Eine Erfolgsgarantie bei jedem Patient – wie vielfach werbend versprochen – mit einer standardmäßigen Reduktion der behandelten Fettpolster von 30 % bis 35 % konnten wir nicht belegen. Eher eine Reduktion im Bereich von 20 % bis 25 %. Die Erfolgsaussichten der Kryolipolyse sind nicht bei allen Körperregionen, die prinzipiell für die Behandlung mit Kryolipolyse geeignet sind, gleich gut. Bei den von uns behandelten Patienten sprachen insbesondere Unterbauch, Hüften und Innenseite Oberschenkel gut auf die Behandlung an. Ähnlich wie das auch schon von Sandhofer [1], Shek [2] und Ferraro [3] beschrieben wurde.

Abb. 3: Unterbauchregion direkt nach Abnahme des Kühl-Vakuum-Kopfes.

Abb. 3: Unterbauchregion direkt nach Abnahme des Kühl-Vakuum-Kopfes.

Die Reduzierung des subkutanen Fettgewebes war in allen Fällen homogen, ohne Dellenbildung mit sanftem Übergang zum umgebenden Gewebe. Bei 5 Patienten mit Zustand nach Liposuktion mit Dellenbildung und/oder unharmonischem Übergang zum umgebenden Gewebe konnte mittels Kryolipolyse eine ästhetische Verbesserung erzielt werden.

 

Abb. 4: Typische Behandlung der Knieinnenseite direkt nach Abnehmen des Vakuumkopfes. Sehr gut erkennbar ist die Erhabenheit der behandelten Region. Das subkutane Fettgewebe hat bei Palpation eine deutlich veränderte, festere Konsistenz.

Abb. 4: Typische Behandlung der Knieinnenseite direkt nach Abnehmen
des Vakuumkopfes. Sehr gut erkennbar ist die Erhabenheit der
behandelten Region. Das subkutane Fettgewebe hat bei Palpation eine deutlich veränderte, festere Konsistenz.

Noch völlig offen ist für uns die Frage, ob es bei der Kryolipolyse quasi Responder und Nicht-Responder gibt, oder ob einzelne Patienten eine stärkere Modifikation der Behandlungsparameter Temperatur, Vakuum und Behandlungszeit benötigen. Die Zeit zwischen Aufsetzen des Applikators und tatsächlicher Abkühlung des Gewebes auf die vorgegebene Temperatur war bei unseren Patienten sehr unterschiedlich (zwischen 5 und 25 Minuten). Wir sind deshalb dazu übergegangen die Behandlungszeit nicht ab Aufsetzen des Applikators sondern ab Erreichen der vorgegebenen Temperatur zu bemessen.

Stimmulierung Fibroblasten / Kollagenbildung

Im Fokus der Diskussion steht momentan bei der Kryolipolyse der Effekt auf die Fettzellen. Nach unseren Beobachtungen bei schlanken Patientinnen mit erheblichen Schwangerschaft bedingten Schäden am Bindegewebe der Unterbauches aber ohne relevante subkutane Fettanreicherung ist bei der Kryolipolyse auch mit einer tiefgreifenden Beeinflussung von Fibroblasten, Kollagen und Bindegewebe zu rechnen. Diese Aktivierung der Fibroblasten wurde ja bereits 2008 von Manstein [4] und 2009 von Zelickson [5] tierexperimentell nachgewiesen. Diese Stimulierung der Kollagenbildung bietet therapeutisch Chancen z.B. zur Unterbauchstraffung schlanker Frauen mit massiven postpartalen Bindegewebsschäden. Andererseits kann eine unüberlegt eingeleitete Stimulierung der Fibroblastenbildung zu nicht absehbaren Folgen z.B. bei Kollagenosen führen. Die Kryolipolyse ist nach unseren Erfahrungen zwar nebenwirkungsarm [2, 6–9] aber keineswegs risikolos, wie vielfach postuliert.

 

NEBENWIRKUNGEN

 

Schmerzen während und nach der Kryolipolyse

Die Behandlung selbst wurde von der Mehrzahl der Patienten als sehr unangenehm, aber tolerabel empfunden. Kritisch ist die Ansaugphase mit beginnender Kühlung. Gab der Patient subjektiv stärkere Schmerzen an, wurden Temperatur und Vakuum modifiziert. Bei einem Patienten musste die Behandlung des Abdomen wegen eines heftigen Angina pectoris Anfalls abgebrochen werden.

 

Bei allen behandelten Zonen kam es im Anschluss an die Behandlung zur intensiven R.tung der Haut, verbunden mit einem unterschiedlich stark empfundenen Brennen, das sich in der Regel innerhalb von 1–2 Stunden zurückbildete (Abb. 5).

 

Da doch eine erhebliche Zahl von Patienten unter dem äußerst unangenehmen stechenden Wiedererwärmungsschmerz nach Abnahme des Applikators litt, sind wir dazu übergegangen, die behandelte Hautregion direkt nach Abnahme des Applikators mit DOLOCUPIN Creme zu behandeln. Patienten die Behandlungen sowohl mit, als auch ohne anschließende Oberflächenanästhesie erhielten berichteten von einem deutlich schmerzlindernden Effekt. In vielen Vorberichten [2, 6, 8] wird wenig auf diesen Wiedererwärmungsschmerz eingegangen. Die Mehrzahl unserer Patienten gab keinerlei Schmerzen an. Studien müssen klären, ob eine unterschiedliche Schmerzempfindlichkeit als ursächlich anzusehen ist oder andere Faktoren eine Rolle spielen Kälteschäden der Haut Bei 2 Patienten kam es zu Kälteschäden der Haut vergleichbar einer Dermatitis solaris Stadium 2. Die Haut sch.lte sich wie bei einem Sonnenbrand. Tiefere Hautschichten wurden nicht verletzt. Die Hautschäden waren innerhalb einer Woche reversibel, allerdings blieben bei beiden Patienten langanhaltende unsch.ne Pigmentstörungen zurück (Abb. 6).

 

Hämatome

Hämatome wurden bei uns, im Gegensatz zu anderen Behandlern [1, 8], bei keiner Behandlung festgestellt. Allerdings wurden Temperatur und Vakuum sehr individuell unter Berücksichtigung der verschiedenen Hauttypen sowie der behandelten Körperregion festgelegt. Patienten mit Antikoagulantienbehandlung wurden generell ausgeschlossen. Als problematisch erwies sich die anamnestische Frage nach Antikoagulantienbehandlungen.

 

Marcumartherapien sind den Patienten aufgrund der regelmäßigen Kontrollen des INR Wertes bewusst, Therapien mit Faktor Xa-Inhibitoren wie z.B. XARELTO werden oft regelrecht vergessen.

 

Wir sind deshalb dazu übergegangen, alle Patienten schon bei der Terminvereinbarung um das Mitbringen eines aktuellen Medikamentenplans des behandelnden Arztes zu bitten. Auf rein anamnestische Angaben verlassen wir uns ungerne. Auch individuelle Patientenrisiken lassen sich anhand des Medikamentenplanes effizient analysieren.

 

Abb. 5: Zwei Minuten nach Behandlung. Die Haut ist nur noch leicht gerötet, nicht mehr erhaben. Man erkennt gut die Größe der behandelten Region. Bei Kryoshape kühlt der gesamt Vakuumkopf, nicht nur 2 Platten. Daher sind die behandelten Zonen besonders groß.

Abb. 5: Zwei Minuten nach Behandlung. Die Haut ist nur noch leicht
gerötet, nicht mehr erhaben. Man erkennt gut die Größe der behandelten
Region. Bei Kryoshape kühlt der gesamt Vakuumkopf, nicht nur 2 Platten. Daher sind die behandelten Zonen besonders groß.

Pannikulitis

Aufgrund der Berichte von Sandhofer et al [1] wurden alle Fettgewebserkrankungen und damit assoziierten Grunderkrankungen wie M. Crohn, Colitis ulcerose, Lupus erythematodes und andere Kollagenosen als Kontraindikation für die Kryolipoyse eingestuft. Bis zum Vorliegen umfangreicher Studien sehen wir auch alle Erkrankungen mit schubweise chronisch entzündlichem Verlauf, insbesondere alle Erkrankungen, bei denen im weitesten Sinne mit Autoimmunprozessen zu rechnen ist, als Kontraindikation an.

 

Abb. 6: Patient mit Pigmentstörung nach Kryotherapie.

Abb. 6: Patient mit Pigmentstörung nach Kryotherapie.

Dennoch kam es auch bei uns bei einer Patientin zu einer Pannikulits der behandelten Region am Unterbauch. Die Patientin wollte unbedingt eine Behandlung mit Kryolipolyse und verschwieg bei der Anamnese gezielt, dass sie unter Multipler Sklerose leidet und regelmäßig Cortison Behandlungen benötigt. Drei Tage nach der Kryolipolyse begann die Panniculitis. Die Patienten stellte sich mit den Worten „Hab ich mir schon gedacht, dass es Probleme geben wird“ bei uns vor. Nach Behandlung mit einer Ampulle VOLON A i.m. und lokaler und systemischer TRAUMEEL Therapie klang die Pannikulitis innerhalb von 3 Wochen folgenlos ab. Zu einem Schub der MS kam es nicht, laborchemisch fanden sich keine Auffälligkeiten. Mit dem kosmetisch-ästhetischen Ergebnis war die Patientin hochzufrieden. Lipodystrophien traten bisher nicht auf.

 

Myalgieforme Beschwerden / Sensibilitätsstörungen

Ca. 50 % der Patienten berichteten in der Woche nach der Kryolipolyse über diskrete Beschwerden vergleichbar einem Muskelkater im behandelten Gewebebereich. Kurzfristige Änderungen der Sensibilit.t der Haut waren eine typische Begleiterscheinung nach Kryolipolysebehandlungen und in allen Fällen im Verlauf von wenigen Tagen komplett rückläufig.

 

Akute Zystitis

Bei zwei Patientinnen mit anamnestisch bekannter rezidivierender Zystitis kam es auch nach der Kryolipolyse zu Entzündungen mit entsprechendem pathologisch veränderten Urinbefund, die nach Antibiose problemlos abheilten. Inzwischen wird bei allen Patienten vor Kryolipolyse auf eine Entleerung der Blase geachtet. Seither trat keine Zystitis mehr auf, auch nicht bei Patienten mit entsprechender Disposition.

 

Kardiale Probleme / Hypertonie

10 Probanden wurden von uns mit dem KRYOKONTUR-Verfahren behandelt. Hier kam es bei einem 72-j.hrigen Patienten beim Aufsetzen des vorgekühlten großflächigen Bauchapplikators zu heftigen kurzfristigen Stenokardien im Sinne eines Angina pectoris Anfalls. Bei dem Patienten war ein gut eingestellter Hypertonus jedoch keine KHK bekannt. Die Behandlung wurde trotz schnellem Abklingen der Beschwerden abgebrochen. Weder EKG noch Laborparameter wie Troponin, CK-MB, GOT und GPT waren auffällig. Die anschließende kardiologische Untersuchung ergab zwar eine diskrete Plaquebildung der Koronarien aber keine Durchblutungsstörungen. Pathophysiologisch ist zu beachten, dass es bei großflächiger akuter Abkühlung der Haut insbesondere im Bereich des Abdomen – vergleichbar einem Sprung ins kalte Wasser – zu einer akuten reflektorischen Durchblutungsänderung der Peripherie mit zentraler Druckerhöhung und hypertonen Blutdruckspitzen kommen kann. Wir können nachträglich nicht entscheiden ob der beobachtete Angina pectoris Anfall durch eine kurzfristige Hypertone Krise oder durch reflektorische koronare Spasmen auf Kältereiz im Sinne einer PRINZMETAL-Angina bedingt war. Da dem Patienten nach intensivem Befragen einfiel, dass er vor Jahren beim Skifahren bei Kälte und Stress ähnliche pektangin.se Beschwerden hatte, gehen wir am ehesten doch von einer Prinzmetal-Angina aus. Offen bleibt, ob vergleichbare Risiken bei kleinflächigeren Applikatoren mit langsamer kontinuierlicher Abkühlung bestehen. Trotzdem klären wir ein individuelles kardiales Risikoprofil nach diesem Vorfall besonders gründlich ab. Insbesondere werden Patienten mit schlecht eingestelltem Hypertonus nicht behandelt. Aus der 24-Std-Langzeitmessung ist bekannt, dass bei Patienten mit bereits in Ruhe erhöhten systolischen Werten über 160 mmHg bei Stress, Aufregung und/oder Schmerzen Blutdruckspitzen von über 200 mmHg auftreten können. Grundsätzlich sollte man trotz exakter Risikoselektion auf Komplikationen im Sinne von kälteinduzierten Gefäßspasmen vorbereitet sein.

 

Schilddrüsendysfunktion / Hashimoto Thyreoditis

Bei 53 der von uns behandelten Patienten bestanden Schilddrüsendysfunktionen mit entsprechender Hormontherapie davon bei 21 Patienten einer Immunthyreoiditis Hashimoto. Obwohl bei Hashimoto Thyreoiditis von einer Autoimmunreaktion des Schilddrüsengewebes ausgegangen wird, konnten wir keine Komplikationen durch Kryolipolysebehandlungen feststellen. Es kam weder zu lokalen Reaktionen noch ver.nderten sich serologisch die TPO Antikörper. Allerdings handelte es sich in allen Fällen und schon langjährig bekannte Schilddrüsenerkrankungen mit stabilem Verlauf und niedrigen TPO Antikörpern. Bei einer hochakuten Immunthyreoiditis mit hohen TPO Antikörpern würden wir vorsichthalber von einer Kryolipolysebehandlung abraten. Serumlipide, Leberenzyme und Entzündungsparameter wie CRP wurden von uns zwar nicht systemisch kontrolliert, wie in anderen Studien [7]. Waren jedoch Laborwerte vor und nach Behandlung verfügbar, ließen wir uns diese Laborparameter vorlegen. Es konnten keine signifikanten Veränderungen der Parameter festgestellt werden. In keinem einzigen Fall kam es zu Gallenkoliken, auch nicht bei vorbestehender Cholelithiasis.

 

Diskussion

Die bisher vorliegenden Studien lassen den Schluss zu, dass es sich bei der Kryolipolyse um eine effiziente Methode zur Reduktion lokaler subkutaner Fettdepots handelt mit gleichzeitig hautstraffender Wirkung. Dies konnten wir auch bei den von uns behandelten Patienten beobachten. Im Gegensatz zur Liposuction ist der Effekt deutlich niedriger eher im Bereich von 20 % bis 25 %. Allerdings stellten wir eine Art „Lernkurve“ fest. Mit der Zahl der Behandlungen sank die Komplikationsrate und verbesserten sich die Erfolgsraten. Nicht bei allen Patienten konnte ein zufriedenstellendes Ergebnis erzielt werden, zumindest nicht nach der Erstbehandlung. Die Kryolipolyse ist nach unserer Erfahrung keineswegs risikolos, wie auch schon von Sandhofer beschrieben [1]. Basierend auf den tierexperimentellen Studien von Manstein [4] an Yucatan Schweinen sowie diversen Folgestudien bei Patienten [1–3, 5–11], sollte auch beim menschlichem subkutanen Fettgewebe von tiefgreifenden durch Kryolipolyse induzierten Gewebeveränderungen ausgegangen werden im Sinne von Zellmembranveränderungen, Zelluntergang subkutaner Fettzellen sowie konsekutiven inflammatorisch entzündlichen Folgen, verbunden mit einer Stimulation der Fibroblasten und ggf. immunmodulieren Prozessen. Hierdurch k.nnen unerwünschte Immunvorgänge getriggert werden z.B. im Sinne einer Panniculitis wie wir sie auch bei unseren Behandlungen beobachteten.

 

Völlig offen ist bisher noch die Frage, ob nach Kryolipolyse neben lokalen Reaktionen im Sinne einer Pannikulitis darüber hinaus auch schubweise Verschlechterungen von chronisch entzündlichen Erkrankungen wie z.B. Morbus Crohn, Colitis ulcerosa, multipler Sklerose etc. befürchtet werden müssen.

 

Kälteinduzierte reflektorische Durchblutungsänderungen im Sinne einer PRINZMETAL-Angina sowie die Auslösung hypertoner Krisen sind auch bei sorgfältiger Risikoselektion von Patienten ebenfalls zu beachten. Diese Komplikationen können auch bei Patienten auftreten bei denen anamnestische keine Durchblutungsstörungen bekannt sind. Vor jeder Behandlung sind ferner, wie auch schon von Sandhofer et al [1] beschrieben, auszuschließen:

 

Hernien insbesondere Bauchnabelhernien, Rektusdiastasen, Erkrankungen mit veränderter Entzündungsreaktion des Körpers wie M. Crohn, Colitis ulcerosa, lupus erathematodes und andere Kollagenosen. Weitere Kontraindikationen: Kryoglobulinämie, Kälteurtikaria, kutane und systematische Kollagenosen, neuropathische und sensible Hautstörungen, Gerinnungsstörungen, Antikoagulanzientherapie, Dermatosen mit Köbner Phänomen, Schwangerschaft und Stillzeit sowie Schrittmacherimplantation.

 

Ergänzend würden wir nach unseren Erfahrungen bis zum Vorliegen von kontrollierten Studien an größeren Patientengruppen zu absoluter Vorsicht raten bei allen Erkrankungen mit schubweisem Krankheitsverlauf, sei es bei Erkrankungen wie Multipler Sklerose oder Krebserkrankungen, ferner bei Patienten mit immunmodulierenden Therapien, Fibromyalgie sowie Erkrankungen des rheumatischen Formenkreises. Jugendliche unter 18 Jahren wurden grundsätzlich nicht behandelt.

 

Da wir ästhetische Eingriffe bei Jugendlichen in der Pubertät als eher problematisch ansehen mit Hinblick auf die Entwicklung einer Dysmorphophobie. Nach unserer Erfahrung hat sich eine Zurückhaltung bei psychischen Erkrankungen bewährt, insbesondere bei Borderline-Persönlichkeiten, schizzoaffektiven Psychosen etc.

 

Da selbst Patienten mit schwerwiegenden Grunderkrankungen eine sehr niedrige Hemmschwelle bezüglich einer Kryolipolysebehandlung haben und sie als völlig ungefährlich einstufen, kommt dem Behandelnden eine große Verantwortung hinsichtlich Indikationsstellung und strikter Risikoselektion zu. Ein genereller Effekt der Kryolipolyse auf den Stoffwechsel durch Nekrosen und Entzündungsprozesse sowie reflektorische Gefäßspasmen im Sinne einer PRINZMETAL-Angina müssen diskutiert und anhand weiterer Studien evaluiert werden.

 

Kritisch sehen wir die unkontrollierte Verwendung von Kryolipolysegeräten in Kosmetikstudios, Fitnesszentren etc. durch Laien. Ein korrekter Ausschluss von Risikopatienten sowie die Diagnostik und Behandlung von Komplikationen erscheint uns dort als fraglich.

 

 

PRINZMETAL-ANGINA

Die PRINZMETAL-ANGINA (Synonym: Variantangina oder vasospastische Angina) benennt sich nach ihrem Erstbeschreiber im Jahre 1959 Myron Prinzmetal (1908–1987). Die Prinzmetal-Angina ist eine Sonderform der Angina pectoris: durch Vasospasmus eines oder mehrerer Herzkranzgefäße wird eine vorübergehende Ischämie des Myokards ausgel.st. Die Dauer eines solchen heftigen Herzschmerzes (typischerweise retrosternal, nicht direkt links präkordial) liegt zwischen Sekunden und Minuten. Als Auslöser gelten insbesondere Kälteexposition und Stress. Auch wenn der Prinzmetal-Angina kein Plaque bedingter Verschluss der Koronararterien zu Grunde liegt, kann die durch Vasokonstriktion bedingte Ischämie einen Herzinfarkt auslösen.

 

Im EKG können reversible ST-Hebungen beobachtet werden bei fehlendem Troponin – und CK-Anstieg. Bei sehr kurzfristigen Anfällen von Prinzmetall-Angina fehlen oft auch EKG-Veränderungen. Die Krankheit manifestiert sich häufig schon im 3.–4. Lebensjahrzehnt. Therapie der Wahl sind Nitrate und Calciumantagonisten. Betablocker sind streng kontraindiziert.

 

Literatur: Prinzmetal M, Kennamer R, Merlis R (1959) A variant form of angina pectoris. Am J Med 27: 375 -88.

Korrespondenz-Adresse

Dr. med. Elisabeth Hauenstein
Facharzt für Allgemeinmedizin, Naturheilverfahren, Akupunktur
Zentrum Kryolipolyse & Lipologie
Richard-Müller-Straße 3c
D-79206 Breisach
schwoerstein@web.de
www.lipolysezentrum.de

Literatur

1. Sandhofer M, Sandhofer M, Sandhofer-Novak R, Schauer P (2013) Zur Kryolipolyse in der dermatologischen Praxis. Kosmet Med 34: 100-109.
2. Shek SY, Chan NP, Chan HH (2012) Non-invasive cryolipolysis form bodycontouring in Chinese – a first commercial experience. Lasers Surg Med 44: 125-30.
3. Ferraro et al (2012) Synergistic effects of cryolipolysis and shock waves for noninvasive body contouring. Aesthetic Plast Surg 2012 36(3): 666-79.
4. Manstein D, Laubach H, Watanabe K, Farinelli W, Zurakowski D, Anderson RR (2008) Selective Cryolipolysis: A novel method of non invasive fat removal. Lasers Surg Med 40: 595-604.
5. Zelickson B, Egbert BM, Preciado J, Allison J, Springer K, Rhoades RW, Manstein D (2009) Cryolipolyse for non-invasive fat cell destruction: initial results from a pig model. Dermatol Surg 35: 1462-70.
6. Coleman SR, Sachdeva K, Egbert BM, Preciado J, Allison J (2009): Clinical efficacy of noninvasive cryolipolysis and its effects on peripheral nerves. Aesthetic Plast Surg 33: 482-8.
7. Klein KB, Zelickson B, Riopelle JG, Okamoto E, Bachelor EP, Harry RS, Preciado JA (2009) Non–invasive cryolipolysis for subcutaneous fat reduction does not affect serum lipid level or liver function tests. Lasers Surg Med 41: 785-90.
8. Dierickx CC, Mazer JM, Sand M, Koenig S, Arigon V (2013) Safety, Tolerance and patient satisfaction with non-invasive cryolipolysis. Dermatol Surg 39: 1209-16.
9. Mulholland RS, Paul MD, Chalfoun C (2011) Non-invasive body contouring with radiofrequency, ultrasound, cryolipolysis and low level laser therapy. Clin Plast Surg 38: 503-20.
10. Grant Steven W et al (2012) Cryolipoysis and its role in a plastic surgery practice. Plastic Surg Pulse Vol 5: 1.

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