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Kontroversen in der Ästhetischen Medizin: 7. Kryolipolyse-Apoptose vs. Thermogenese

CONTROVERSIES IN AESTHETIC MEDICINE: 7. KRYOLIPOLYSIS-APOPTOSIS VS. THERMOGENESIS

Keywords | Summary | Correspondence | Literature


Keywords

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Schlüsselworte

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Summary

Actual theory of cryolipolysis does not take into account the effect of non-shivering thermogenesis which can directly and quickly arise in a fat tissue during local temperature reduction. Thermogenetic reaction in a fat tissue depends on different factors, e.g. on body region, sex, age and BMI of patients as well as probably on the season of year. Theoretical backgrounds of this treatment method were formulated on the basis of experimental results obtained with Yukatan pigs which genetically cannot produce any non-shivering thermogenesis and thus these results cannot be simply transferred into the humans. Application areas and patients appropriate for cryolipolysis must be thus analysed more carefully as so far.

Zusammenfassung

Die vorherrschende Theorie der Kryolipolyse berücksichtigt nicht die Prozesse der zitterfreien Thermogenese, die sich direkt und schnell bei lokaler Temperatursenkung im Fettgewebe entwickeln können. Die thermogenetische Reaktion des Fettgewebes ist von vielen verschiedenen Faktoren abhängig, u.a. von Körperregion, Geschlecht, Alter, BMI von Patienten sowie sehr wahrscheinlich von der Jahreszeit. Die auf der Basis von Tierexperimenten formulierten Grundlagen dieser Behandlungsmethode können nicht ohne weiteres auf Menschen übertragen werden, weil die dazu benutzten Yukatan-Schweine genetisch bedingt keine zitterfreie Thermogenese im Fettgewebe entwickeln können. Applikationsgebiete sowie Patientenauswahl für Kryolipolyse müssen somit deutlich kritischer als bis jetzt analysiert werden.


EINFÜHRUNG

Von den drei bekanntesten Funktionen des Fettgewebes (Energiespeicherung, Wärmeregulation und mechanischer Schutz) stand bis jetzt nur die Energiespeicherungsfunktion im Mittelpunkt der Interessen in der ästhetischen Medizin. Alle angebotenen Behandlungsmethoden sollten das Fettvolumen entweder durch Reduzierung der Zellularität (mittels mechanischer Entfernung von Zellen bzw. durch ihren Tod) oder durch lipolytische Stimulation verkleinern. Die wärmeregulierende Funktion des Fettgewebes könnte wahrscheinlich zum ersten Mal mit der Einführung der Behandlungsmethode der Kryolipolyse aufgegriffen werden. In der aktuellen Theorie zu dieser Methode wurde dies allerdings nicht getan. Im Gegenteil, auch in diesem Fall wird die Wirkung hauptsächlich mit dem induzierten Zelltod von Adipozyten erklärt. Wohl vor allem deshalb, weil die Zelltod-Theorie eine langfristigere Wirkung als bei reinem lipolytischen Abbau von Adipozytenvolumen (die theoretisch auch relativ schnell wieder aufgefüllt werden können) sichern sollte.

Obwohl die Bezeichnung „Kryolipolyse“aus zwei Worten – „Kryo“ und „Lipolyse“ – besteht, haben beide mit der Behandlungsmethode selbst angeblich nichts zu tun. In der Kryobiologie wird traditionell zwischen Kälte- (mit Temperaturen oberhalb des Gefrierpunktes) und Kryo-Bereichen (mit Temperaturen unterhalb des Gefrierpunktes) unterschieden. Auf der anderen Seite, unter Lipolyse versteht man die hydrolytische Spaltung von Lipiden durch Enzyme aus der Gruppe der Lipasen.

Weil die Temperaturen bei Kryolipolyse-Methoden, die in der Ästhetik angewendet werden grundsätzlich oberhalb des Gefrierpunktes (egal in welchem Gewebe oder in welcher K.rperflüssigkeit) liegen und der Hauptwirkmechanismus eine schädigende Wirkung der Kälte auf Adipozyten mit ihrem darauf folgenden Tod sein sollte, ist die Bezeichnung „Kryolipolyse“ zwar schön, spiegelt aber das Geschehen keineswegs wider. Interessant, dass die Methode zunächst als „selektive Cryolyse“ [1] bezeichnet und erst später umbenannt wurde. Dies passiert allerdings oft in der ästhetischen Medizin und sollte nur als eine kleine Marketingsünde angesehen werden.

Obwohl einige wissenschaftliche Publikationen für solide Grundlagen sorgen, klinische Studien im Großen und Ganzen die Behandlungsergebnisse bestätigen und Erfahrungsberichte (s. z.B. [2]) die klinische Sicherheit unter realen Bedingungen liefern (eingeschränkt, da lediglich Erfahrungsberichte), bestehen auch bei dieser Methode einige Kontroversen in den Grundannahmen, die geklärt werden sollten.

ANSTOSS-IDEE: KÄLTE-PANNIKULITIS BEI NEUGEBORENEN

Angeblich sollten der Kryolipolyse folgende Beobachtungen zugrunde liegen [1]: Neugeborene reagieren sehr sensibel auf Kälte und können sogar Pannikulitis mit Adipozytennekrose entwickeln (s. z.B. [3]). Dieses Phänomen wurde durch einen unterschiedlichen Gehalt von gesättigten Fettsäuren bei Neugeborenen und Erwachsenen erklärt und wurde auch in der Begründung zu der entsprechenden Patentanmeldung zu dieser Methode so beschrieben. Weil mit zunehmendem Alter der Anteil von ungesättigten Fettsäuren in Adipozyten steigt, sollte die Kältesensitivität des Fettgewebes entsprechend reduziert werden.

Damit sollte auch bei Erwachsenen eine Selektivität entstehen – Fettzellen mit höherem Gehalt von gesättigten Fettsäuren in subkutanem Fettgewebe sollten stärker auf niedrigere Temperaturen als andere Adipozyten sowie die Zellen aus umliegendem Gewebe reagieren. So ist die Grundidee, und sie sollte eine Voraussetzung für eine nicht invasive selektive Behandlungsmethode liefern.

Obwohl Anteile von diversen Triglyzeriden (TG) bei verschiedenen Individuen tatsächlich unterschiedlich sein können und die Kälte-Pannikulitis (nicht nur bei Neugeborenen) von verschiedenen Autoren mehrmals beschrieben wurde, ist sehr zweifelhaft, dass dieser Effekt tatsächlich für die höhere Kältesensitivität bei Neugeborenen verantwortlich ist. Neugeborene haben auch ganz andere Eigenschaften, die viel besser und eleganter das Pannikulitis-Phänomen erklären können. Diese Eigenschaften sind mit dem ungünstigen Verhältnis Körperfläche/Körpervolumen, mit dem Wassergehalt, mit dem Glyzerin- Metabolismus und mit der Thermogenese bei Neugeborenen verbunden.

Der Wassergehalt in Frühgeborenen liegt bei 80–85% ihrer Körpermaße und geht schon bei reifgeborenen Kindern auf ca. 75% zurück. Drei Monate nach der Geburt reduziert sich der gesamte Wassergehalt signifikant auf ca. 60%. Diese Senkung geht hauptsächlich auf Kosten des extrazellulären Wassers zurück, welches dabei von ca. 45% auf 30% reduziert wird [4].

Ein hoher Wassergehalt im Gewebe führt zu günstigeren Bedingungen für eine direkte Kälteeinwirkung und ist generell mit höheren Gefriertemperaturen verbunden. Der wichtigste, der Kältewirkung entgegenwirkende Mechanismus ist hier die Wärmefreisetzung (durch Zittern sowie durch zitterfreie Thermogenese).

Zusätzlich bringt die für die Thermogenese notwendige Lipolyse-Reaktion eine besondere Eigenschaft ins Spiel: Durch TG-Spaltung wird die Konzentration von Glyzerin in extrazellulären Räumen im Fettgewebe zwangsläufig erhöht, was den Gefrierpunkt des extrazellulären Wassers erheblich reduziert und somit eine zusätzliche kryoprotektive Wirkung aufs Gewebe zeigt. Um diesen Schutzmechanismus in Gang zu bringen werden allerdings spezielle Kanäle gebraucht – sogenannte Aquaglyzeroporine (in diesem Fall, sind es sog. AQP-7).

Hier fangen die Probleme schon an: Neugeborene haben zwar viel Wasser im Körper, dazu aber ganz wenig Aquaporine [5]. Erst nach der Geburt werden diese Kanäle massiv ausgebaut, um den Wasseraustausch zu beschleunigen. Man geht davon aus, dass diese Prozesse sich erst nach 3 Monaten vollständig entwickeln. Weil AQP-7 Kanäle nicht nur für Wasser-, sondern auch für den Glyzerin-Transport im Fettgewebe verantwortlich sind, sollte eine stark reduzierte Anzahl dieser Kanäle bei Neugeborenen eine geminderte Glyzerinabgabe mit entsprechender fehlender Antikälteschutzreaktion im Fettgewebe zur Folge haben. Dazu kommt noch, dass die zitterfreie Thermogenese eine Reaktion ist, die sich normalerweise in braunem Fettgewebe entwickelt und die in subkutanem Fett von Erwachsenen eigentlich nicht stattfinden sollte. Früh- und Neugeborene haben allerdings braunes Fettgewebe und sollten mit einer Thermogenese auf die Kälteeinwirkung ausreichend reagieren können.

Dabei handelt es sich um eine enorme Reaktion – es kann bis zu 300 W/kg Wärme durch Thermogenese produziert werden, was eigentlich einen ausreichenden Schutz bei milder Kälte bieten sollte. Das Problem liegt allerdings darin, dass zitterfreie Thermogenese durch ein spezielles Protein (sog. UCP-1 in Mitochondrien) realisiert wird. UCP-1 im Fötus bleibt aber auf einem niedrigen Niveau und wird erst nach der Geburt schnell produziert. Daraus kann ein fehlender Schutz bei längeren Kälteeinwirkungen bei Neugeborenen resultieren – sie haben zwar ein braunes Fettgewebe, es fehlt aber am Anfang der notwendige Zündstoff UCP-1 dazu.

ZITTERFREIE THERMOGENESE BEI ERWACHSENEN

Während der ersten Lebensjahre wird das braune Fettgewebe abgebaut. Es wurde bis vor kurzem fest daran geglaubt, dass dieses Gewebe bei erwachsenen Menschen komplett verloren geht und durch weißes Fettgewebe ersetzt wird. Dementsprechend sollte die klassische zitterfreie Thermogenese bei Erwachsenen auch komplett verloren gehen. Es klingt somit absolut logisch, dass die Kälte in der Subkutis nicht auf Lipolyse oder Thermogenese, sondern auf Zellschädigung mit darauf folgendem Adipozytentod wirken sollte, was eigentlich die jetzigen Grundlagen der Kryolipolyse unterstützt. Noch mehr, die fehlende Thermogenese sollte dazu führen, dass keine nennenswerte lokale Wärmefreisetzung im Gewebe stattfindet und somit der lokalen Temperatursenkung entgegen wirken kann.

Dagegen sprechen viele Ergebnisse der Fettgewebeforschung der letzten Jahre. Unter anderem wurde Folgendes festgestellt:

1. Erwachsene Menschen (und nicht nur Neugeborene) haben aktives „braunes“ Fettgewebe, welches unterschiedliche Aktivitäten in verschiedenen regionalen Fettdepots zeigt [6–9];

2. In weißen Fettdepots befinden sich „beige“ (auch „Brite“ genannt, was von „BRown In whiTE“ kommt) Adipozyten [10], welche ähnlich den braunen Adipozyten die UCP-1 Proteine in Mitochondrien tragen. Diese Zellen sehen den weißen Adipozyten ähnlich, bekommen aber nach der Stimulation einen „braun“-ähnlichen Phänotyp;

3. Schon eine moderate Temperatursenkung kann schnell ein thermogenes genetisches Programm in weißen und beigen Adipozyten autonom aktivieren [11].

Reste von braunem Fett in Form von kleinen Inseldepots aus beigen Adipozyten sind in weißem Gewebe oft vorhanden. Wichtig ist, dass diese Zellen bei Bedarf für die akute (fakultative) sowie für die langfristige (adaptive) Thermogenese aktiviert werden können. Vieles spricht dafür, dass eine reversible Transdifferenzierung von weißem Fettgewebe in braunes (sog. „Britening“) und umgekehrt (sog. „Whitening“) möglich ist. Obwohl diese Theorie durch eine konstant bleibende Anzahl von Fettzellen und eine niedrige Proliferationsrate im Fettgewebe während des Britening stark unterstützt wurde, blieb sie lange nicht die einzige Möglichkeit. Alternativ könnten z.B. Brite Adipozyten de novo aus Precursorzellen produziert werden. Erst vor kurzem wurde eine reversible Transdifferenzierung von weißen und braunen Adipozyten durch Zelllinien Tranig direkt demonstriert [12]. Somit erscheint das Fettgewebe aktuell als hochdynamische Zellpopulation, welche sich unter Kälteexposition in Richtung von braunem und unter adipogenetischen Bedingungen in Richtung von weißem Fettgewebe verschieben kann.

Zusammenfassend kann man sagen, dass jeder erwachsene Mensch potentiell eine Energiedissipation durch Thermogenese im weißen Fettgewebe mittels Aktivierung von Briten Adipozyten mehr oder weniger entwickeln kann, die sich besonders stark unter Kälteeinwirkung manifestiert. Der Anteil des dafür relevanten Fettgewebes wird mit zunehmendem Alter und steigendem BMI reduziert. Dazu kommt zusätzlich, dass verschiedene Typen von Adipozyten unterschiedlich in diversen Körperfettdepots vertreten sind [13]. Das kann eine mögliche Erklärung für ein bekanntes Phänomen liefern: Fettablagerungen an verschiedenen Körperstellen reagieren unterschiedlich auf Kälte [14]. Schon eine moderate Temperatursenkung bewirkt eine direkte Stimulation von UCP-1 in weißen und beigen Adipozyten [11]. Es kann somit mit großer Sicherheit behauptet werden, dass subkutanes Fettgewebe bei Erwachsenen eine eigene Thermoregulation besitzt, die, wie auch in echtem braunem Gewebe, durch Stimulation von UCP-1 verläuft.

Das ist ganz wichtig nicht nur in Zusammenhang mit Kälteeinwirkung, sondern auch, weil die ektopische Expression von UCP-1 in weißem Fettgewebe zur Entwicklung einer Resistenz gegen Adipositas führen kann [15]. Das ist ein direkter Hinweis dafür, dass der Anteil von beigen Adipozyten in weißem Fettgewebe eine wichtige Rolle in der Entwicklung von Fettablagerungen spielen kann, was in der letzten Zeit zu verschiedenen Spekulationen über anti-adipositäre Behandlungsstrategien geführt hat.

Weiße und braune Adipozyten sind morphologisch sehr unterschiedlich. Lipide in braunen Adipozyten sind in multiplen kleinen Tröpfchen gespeichert, wobei sie in weißen Adipozyten in einem großen Tropfen gesammelt sind. Die Situation der Mitochondrien ist umgekehrt – sie sind groß in braunen und klein in weißen Adipozyten, was funktionelle Eigenschaften dieser Zellen widerspiegelt. Weiße Adipozyten sind größer als braune [14], sie haben einen typischen Durchmesser zwischen 30 und 150 μm und sind fast sphärisch; braune Adipozyten sind dagegen zwischen 15 und 50 μm groß und haben ellipsoide Formen. Beige Adipozyten tragen die Eigenschaften von beiden Zelltypen und liegen auf der Größenskala dazwischen.

Hier entsteht eine interessante Parallele zur morphologischen Heterogenität des subkutanen Fettgewebes [16]: kleinere (um 50 μm) und größere (um 100 μm) Adipozyten zeigen sehr unterschiedliche Genexpressionsspektren. An dieser Stelle könnte spekuliert werden, dass die kleinen Zellen mindestens teilweise zum beigem und die größeren zum weißen Typ von Adipozyten gehören. Sollte das tatsächlich der Fall sein, kann das einige bekannte Probleme in neuem Licht erscheinen lassen.

Wie unterschiedlich die Anteile von beigen und weißen Adipozyten in einem Fettdepot sind, ist u.a. stark von der Körperregion, dem Geschlecht, Alter, BMI, sowie von den Umgebungsbedingungen abhängig. So haben erwachsene Mäuse anterior in der Subkutis überwiegend braunes Fettgewebe, wobei posterior hauptsächlich weißes Fettgewebe vorhanden ist [17]. Dabei führt eine Änderung der Umgebungstemperatur von 28 °C auf 6 °C zu einer schnellen Umwandlung des weißen Fettgewebes in den braunen Typ [16]. Bei Menschen wurden größere Mengen von braunen Adipozyten u.a. in supraklavikularen, thorakalen und oberen abdominalen Bereichen gefunden [18]. Dabei kann der Anteil von UCP-1 positiven Adipozyten richtig groß sein, z.B. in perithyroidalen Fettbiopsien wurden bis zu 31% von diesen Zellen gefunden [19]. Es sieht im Moment auch so aus, dass Frauen eine stärkere kältebedingte Transdifferenzierung von weißen in braune Adipozyten zeigen, was die Unterschiede in den Ergebnissen von Kältebehandlungen bei Frauen und Männern mindestens teilweise erklären kann.

An dieser Stelle muss man wahrscheinlich noch zwischen solchen Körperregionen unterscheiden, welche

• ausreichende Depots von beigen Adipozyten im subkutanen Fettgewebe haben und somit ganz schnell eine zitterfreie Thermogenese entwickeln können;

• und solchen, die keine derartigen Depots besitzen und erst über Transdifferenzierung von Adipozyten während einer Adaptation eine thermogenetische Reaktion entwickeln können.

Im ersten Fall kann sich eine Gewebereaktion gegen Kälteeinwirkung sehr kurzfristig entwickeln. Eine derartige Reaktion wurde in mehreren Experimenten demonstriert, wo die Probanden für 2 Stunden auf Temperaturen von lediglich 16°C bis 19°C gekühlt wurden [18, 20, 21]. Im zweiten Fall wird generell eine längere Entwicklungszeit für die Adaptation gebraucht.

Man kann allerdings nicht pauschal sagen, ob die Patienten zum Zeitpunkt einer Behandlung solche oder ähnliche Einwirkungen in der Vorgeschichte gehabt haben und somit bereits einen Pool von thermogenetisch fähigen Adipozyten in der zu behandelnden Fettablagerung besitzen.

LIPOLYSE ALS VORSTUFE DER THERMOGENESE

Zitterfreie Thermogenese ist an die Lipolyse gekoppelt. Für die Thermogenese werden freie Fettsäuren (FFS) gebraucht, die aus TG in Adipozyten durch Lipolyse gewonnen werden. Bleibt die Thermogenese bei normalen Umgebungsbedingungen niedrig, werden die FFS aus den Adipozyten ausscheiden, um später über das Blut in der Leber zu landen. Bei starker Thermogenese verbleiben die FFS in der Zelle und werden in den Mitochondrien als Energiequelle verbraucht. Unabhängig davon, wo die FFS eingesetzt werden, wird immer Glyzerin als Produkt der TG-Spaltung produziert und muss durch AQP-7 Kanäle abtransportiert werden. Somit sollte durch lokale zitterfreie Thermogenese eine Doppelwirkung erzielt werden: Effektive Wärmefreisetzung wirkt gegen direkte Temperaturreduzierung im Gewebe, wobei erhöhter Glyzerin-Gehalt den Gefrierpunkt nach unten verschiebt. Keine Thermogenese – keine Wärmefreisetzung und keine Notwendigkeit der Lipolyse; keine Lipolyse – keine Glyzerinfreisetzung; keine Glyzerinfreisetzung – kein Kryoschutz.

Für ästhetische Anwendungen kann hier wichtig sein, dass bei einer lokalen Thermogenese eine Lipolyse stattfindet, die zwangsläufig zu einer Verkleinerung von Zellvolumen führen sollte. An solchen Körperstellen, wo sich diese Reaktion stark entwickelt, verdient die Kryolipolyse wieder ihren Namen.

ÜBERTRAGBARKEIT VON TIEREXPERIMENTEN MIT KRYOLIPOLYSE AUF DEN MENSCHEN

Grundlegende Experimente mit Kryolipolyse wurden an schwarzen Yucatan-Schweinen durchgeführt [1]. Für dieses Modell wurden auch alle morphologischen Veränderungen im Fettgewebe primär beschrieben (u.a. dynamische Reduzierung von subkutanem Fett, Adipozytentod, lokale Verdickung der Septae, usw.), die später auf menschliches Fettgewebe als pathophysiologische Grundlagen übertragen wurden. Grundsätzlich ist die Schweinehaut der menschlichen Haut sehr ähnlich und wird deshalb oft für verschiedene Testzwecke benutzt.

In diesem Fall gibt es aber einen großen Unterschied: Schweine haben kein braunes Fettgewebe und produzieren keine UCP-1 Proteine, weil das UCP-1-Gen bei diesen Tieren durch mehrere Mutationen ausgeschaltet wurde [22]. Folglich können sie auch keine lokale thermogenetische Reaktion in subkutanem Fettgewebe entwickeln, die einer Temperatursenkung entgegen wirkt.

Mit anderen Worten, man registriert in solchen Experimenten nicht unbedingt die Wirkung, die man bei Menschen beobachten kann. Somit können solche experimentellen Ergebnisse ohne weiteres nicht auf den Menschen übertragen werden.

MÖGLICHE AUSWIRKUNGEN AUF DIE ÄSTHETISCHE MEDIZIN

Zitterfreie Thermogenese kann eine wichtige Bedeutung für alle ästhetischen Behandlungsmethoden haben, die ihre Wirkung durch Temperatursenkung im Gewebe erreichen möchten. In Körperregionen mit vorhandenen beigen Adipozyten kann der Energieumsatz während der Kälteeinwirkung sehr schnell erhöht werden [20], was die Behandlungsergebnisse erheblich beeinflussen kann. Kurzfristig nach der Behandlung kann im behandelten Gebiet auch eine Transdifferenzierung von weißen in braune Adipozyten stattfinden. Diese Differenzierung wird nicht nur eine direkte morphologische Veränderung des Gewebes nach sich ziehen, sondern auch aus lipolytisch weniger aktiven weißen Adipozyten hoch aktive lipid-verbrennende beige Adipozyten produzieren. Diese Zellen können dann viel einfacher aktiviert werden, um Thermogenese zu stimulieren und ihre TGs zu verbrennen.

Wegen des unterschiedlichen Gehalts von beigen Adipozyten in subkutanem Fettgewebe an verschiedenen Körperstellen sollten somit die Behandlungsergebnisse bei gleicher Kälteeinwirkung auch sehr unterschiedlich ausfallen. Zum Beispiel, die stärkste und die schnellste Entwicklung der Thermogenese kann man durch vorhandenes braunes Fettgewebe am Rumpf sowie im oberen abdominalen Bereich erwarten, was die Kälteeinwirkung in diesen Körperregionen stark einschränken kann. Generell weniger effektiv sollte diese schnelle Reaktion im gluteo-femoralen Bereich verlaufen. Interessant, dass M. Sandhofer über ähnliche Erfahrungen berichtet [2]: Bessere Ergebnisse nach Anwendung der Kryolipolyse am Unterbauch, an den Hüften und Oberschenkeln (innen), schlechtere bei Gynäkomastie und am Oberbauch.

Patienten mit normalem BMI (< 25) zeigen in der Regel eine deutlich höhere Thermogenese als Patienten mit höheren BMIWerten [18] und sollten somit (mindestens in den oben beschriebenen Körperregionen) schlechtere schnelle Reaktion auf die Kryolipolyse zeigen. Frauen sollten eine stärkere Transdifferenzierung von weißem ins braune Fettgewebe zeigen und können somit mindestens in einigen Körperregionen bei Kälteeinwirkung unter sonst gleichen Bedingungen andere Ergebnisse als Männer demonstrieren. Interessant können an dieser Stelle auch die saisonalen Variationen sein. Das Basisniveau der Thermogenese erhöht sich im Winter und wird deutlich niedriger im Sommer [6], was auch eine Auswirkung auf die Behandlungsergebnisse mit Kälteeinwirkungen auf das Fettgewebe haben kann.

Kälteaktivierte Thermogenese ist am höchsten bei jüngeren Menschen (Zwanzigjährige) und geht schon bei Fünfzigjährigen signifikant zurück [21]. Folglich sollten auch verschiedene Altersgruppen unterschiedliche Ergebnisse zeigen. Obwohl klinische Studien mit derartigen Kohorten zurzeit nicht vorhanden sind, wäre es interessant zu überprüfen, ob jüngere Patienten tatsächlich anders als ältere auf gleiche Behandlungen reagieren.

Das Phänomen der Transdifferenzierung von Adipozyten kann eine wichtige Bedeutung in der ästhetischen Medizin bekommen, weil es die Behandlungsstrategien des Body Contouring von „beschädigen und entfernen“ auf „transdifferenzieren und verbrennen“ generell verschieben kann. An dieser Stelle kann man sich an einige für anekdotisch gehaltene Berichte erinnern, in welchen Farbveränderungen im gluteofemoralen Fettgewebe z.B. bei Cellulite beschrieben wurden.

ZUSAMMENFASSUNG

In der Natur kommt es kaum vor, dass eine Wirkung ohne Gegenwirkung entsteht. Die aktuelle Theorie der Kryolipolyse berücksichtigt nicht die Prozesse der zitterfreien Thermogenese, die sich direkt und schnell bei lokaler Temperatursenkung im Fettgewebe entwickeln können. Diese Prozesse können die Temperatursenkung im Gewebe teilweise kompensieren und die Wirkung somit modifizieren. Die thermogenetische Reaktion des Fettgewebes ist allerdings von vielen Faktoren abhängig, u.a. fällt sie sehr unterschiedlich in verschiedenen Körperregionen aus. Weitere Parameter, die diese Reaktion bestimmen können, sind Geschlecht, Alter, BMI und Jahreszeit. Auch die inter-individuellen Variationen sind bekannt – die thermogenetische Reaktion kann auch bei ähnlichen Menschen unterschiedlich groß ausfallen, was möglicherweise mit der Vorgeschichte des Fettgewebes verbunden ist und für zusätzliche Variabilität der Behandlungsergebnisse sorgen kann.

Die auf der Basis der Tierexperimente formulierten Grundlagen dieser Behandlungsmethode können nicht ohne weiteres auf Menschen übertragen werden, weil ausgerechnet die dazu benutzten Schweine eine große Ausnahme bilden – das ist die einzige bis jetzt bekannte Tierart, die wegen genetisch bedingtem Verlust des UCP-1-Gens keine zitterfreie Thermogenese im Fettgewebe entwickelt kann. Somit sollten alle experimentellen Ergebnisse, die mit diesem Tiermodell erzielt wurden, generell stärker als im menschlichen Fettgewebe ausfallen.

Das Ganze bedeutet natürlich nicht, dass die Kryolipolyse als Behandlungsmethode des Body Contouring nicht funktioniert. Aus den oben genannten Gründen müssen allerdings die Applikationsgebiete, die Nebenwirkungen sowie die Patientenauswahl bei dieser Methode deutlich kritischer als bis jetzt analysiert werden.

Korrespondenz-Adresse

Dr. rer. nat. habil. Ilja L. Kruglikov
Wellcomet GmbH, Karlsruhe
Greschbachstraße 2–4
D-76229 Karlsruhe, Germany
i.kruglikov@wellcomet.de

Conflict of Interests

Dr. I. Kruglikov is the managing partner of Wellcomet GmbH

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