Originalie

, , ,
Ästhetische Medizin in Zeiten der Krise – auch eine Krise der Ästhetischen Medizin?

Aesthetic medicine in times of crisis - also a crisis of aesthetic medicine?

Keywords | Summary | Correspondence | Literature


Keywords

, ,

Schlüsselworte

, ,

Summary

Our time confronts us with unique challenges. The last years associated with various crises influence our today and tomorrow. Aesthetic medicine is subject to specific conditions that need to be taken into account. Also valid for our time is the well-known sentence that in every crisis there are chances to be discovered. Some of them will be described here.

Zusammenfassung

Unsere Zeit stellt uns vor besondere Herausforderungen. Die letzten mit verschiedenen Krisen verbundenen Jahre beeinflussen unser Heute und Morgen. Die Ästhetische Medizin unterliegt spezifischen Bedingungen, die es zu beachten gilt. Auch für unsere Zeit ist der altbekannte Satz gültig, dass in jeder Krise Chancen liegen, die es zu entdecken gibt. Einige davon sollen hier beschrieben werden.


Die Veränderungen und Krisen der letzten Jahre und die noch zu erwartenden weiteren politischen und gesellschaftlichen Reaktionen darauf – welche Auswirkungen hat dies auf uns alle, die wir mit Ästhetischer Medizin zu tun haben? Seit Ende des 2. Weltkriegs ist die Situation nie so herausfordernd und beunruhigendewesen wie im Augenblick. Wie haben die Einsteiger in die Ästhetik auf die veränderten Bedingungen reagiert, wie ist es denjenigen ergangen, die schon seit Jahren oder gar Jahrzehnten ästhetische Behandlungen anbieten? Schließlich: Was haben wir alle noch von den sich ändernden und bereits veränderten Rahmenbedingungen (Stichwort: Inflation und Kaufkraftminderung, beginnende Deindustrialisierung, Krieg auf europäischem Boden, politisch-demokratische Destabilsierungstendenzen) zu erwarten?

 

Diese Einschätzung hat den Sinn, mehr Klarheit zu erlangen über die Herausforderungen, mit denen wir mehr oder weniger konfrontiert sind oder sein werden und Möglichkeiten aufzuzeigen, die Ästhetische Medizin zu erweitern.

 

Das Erwachen: Die Auswirkungen der Pandemie

 

Die Pandemie hat auch dem Letzten die Augen geöffnet über den Zustand unseres Gesundheitssystems. Schuld an den bereits heute sichtbaren weiteren Verschlechterungen, die auf uns zukommen, ist nicht allein die Pandemie mit den durch sie anfallenden Kosten. Sie hat uns allerdings unmissverständlich gezeigt, in welchem Zustand das ehemals „beste Gesundheitssystem der Welt“ bereits 2020 war. Die nun von Minister Lauterbach angekündigte Krankenhausreform deutet darauf hin, dass bestimmte Leistungen deutlich selektiver und gebündelter angeboten werden sollen, was einer de facto Leistungskürzung in der Breite gleichkommen könnte.

 

Die Toten zu Beginn der Pandemie in Italien zum Beispiel hatten auch und gerade mit dem dortigen maroden Gesundheitssystem zu tun.

 

Der kontinuierliche Abbau von Leistungen geht nicht auf Kosten der gesetzlichen und privaten Kassen, er geht auch nicht auf die Gehälter ihrer Vorstände, er geht auch nicht auf Kosten der Pharmaindustrie.

 

Erst kürzlich wurde ein weiterer Fall von „Zusatzverdiensten“ durch die Sendung Monitor vom 20. Juli 2023 bekannt gemacht: Ein Kartell von Apothekern und Herstellern von Zytostatika, die durch Apotheker verdünnt werden müssen, nimmt Krankenkassen und damit indirekt Ärzte und Patienten aus mit Profiten von bis zu 1000 %, weil die niedrigen Einkaufspreise nicht weitergegeben werden und die Kassen scheinbar desinteressiert zusehen.

 

Die Lasten haben Ärzte und Patienten zu tragen, und zwar allein. Die riesige Anzahl von beinahe 100 gesetzlichen und zahlreichen privaten Kassen zeigt deutlich, wie  die scheinbare Freiheit der Wirtschaft zur Fessel werden kann. Gesundheit und ihre Monetarisierung durch unser Kassensystem auf Kosten der Ärzte ist nur noch

schwer zu ertragen und Kassenleistungen können von diesen ausschließlich indirekt über die Zahlungen der privaten Kassen aufrechterhalten werden.

 

Darüber zu lamentieren wird nichts ändern, solange Gesundheit auf Seiten der Leistungserbringer allein unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten betrachtet wird und gleichzeitig das Kassensystem keinerlei Strukturreformen zugeführt wird und sich weiterhin nur der gesetzlich garantierten Beiträge erfreut. Resultat dieser Politik ist, dass immer mehr Ärzte aus der kassenärztlichen Versorgung ausscheren und rein privatärztlich tätig sind, eine Entscheidung, die kein Mediziner wirklich wünscht. Auf der anderen Seite haben die Kassen keinerlei Anreiz, ihre Kostenstruktur zu senken oder im Rahmen von Rationalisierungen sich wirklicher Wettbewerbsfähigkeit zu ermächtigen.

 

Die Frage ist, welche Bedeutung ästhetische Behandlungen haben, die sowohl von Kassen- als auch Privatärzten angeboten werden? Diese Frage ist nicht einfach zu beantworten, weil sich die gesellschaftlichen (wirtschaftlichen) Bedingungen – der nächste Abschnitt wird darauf eingehen- wahrscheinlich negativ verändern.

 

Es gibt Marketinganalysen, die behaupten, dass ästhetische Behandlungen selbst unter den Bedingungen krisenhafter Verhältnisse nicht zurückgehen werden.

Insofern ist es verständlich, dass viele Mediziner zur Absicherung ihrer wirtschaftlichen Situation und weil sie nicht ausschließlich mit Patienten zu tun haben wollen, die mit gesundheitlichen Problemen kämpfen, sich der ästhetischen Medizin zuwenden.

Die Bedeutung krisenbeeinflusster persönlicher Verhältnisse für die Entwicklung der ästhetischen Medizin

 

Die Kostenexplosion im Gesundheitswesen, die Explosion der Energie- und Lebensmittelpreise durch Pandemie und Sanktionen und das Narrativ, dass man durch die enormen Investitionen und Ausgaben seitens der einfachen Bürger das Klima retten könne all dies wird an niemandem ohne Auswirkungen vorübergehen. Diese stärkere Belastung ist vermutlich nicht zeitlich begrenzt, sie wird uns über Jahre verfolgen.

 

In diesem Abschnitt wird die These aufgestellt, dass ästhetische Medizin zwar krisenfester ist als andere Branchen und immer Zulauf bekommen wird. Dennoch kann sie an eine Schwelle gelangen, an der die zu erzielenden Umsätze zurückgehen werden: Einfach, weil viele Bürger zu wenig im Portemonnaie haben, um Ausgaben zu tätigen, die nicht unbedingt existenzsichernd sind.

Ästhetisch arbeitende Mediziner sollten auf jeden Fall das hier skizzierte Szenario berücksichtigen und nicht einfach davon ausgehen, es laufe alles wie bisher. Wenn man die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen und ihre Entwicklung ins Kalkül zieht, werden die Lebenshaltungskosten so massiv steigen, dass viele Bürger in Existenznot geraten.

 

Ein Aspekt wird zusätzlich die Ästhetische Medizin unter Druck setzen: Immer mehr junge Ärzte – dies können wir auch im Netzwerk so feststellen – gehen direkt in die Ästhetik, wollen auch nur in diesem Bereich tätig sein und haben kein zweites Standbein aufgebaut. Im Falle einer stärkeren Rezession ist zu befürchten, dass die Patientengewinnung dann nicht über Qualifikation der Fähigkeiten, sondern über niedrige Preise erfolgt.

Die Unterlassungen der Ästhetik in der Vergangenheit

 

Einige Artikel von Netzwerkmitgliedern haben bereits früher aufgezeigt1-9, dass ästhetische Mediziner einen Fehler machen, wenn sie die Debatte über die Bedeutung der Ästhetik in unserer Gesellschaft konservativen Medizinern überlassen und sich stattdessen nur um ihre eigene Praxis oder Klinik kümmern.

 

Die Situation hat sich seit diesen Publikationen durch den gestiegenen Einfluss der sozialen Medien nochmals verschlimmert. Die Hoheit über die Ausrichtung ästhetischer Präsenz in unserer Gesellschaft wird nach dem Motto „Jeder kann hier machen, was er will“ kulturell Unbeleckten überlassen, deren theoretisches Wissen über ästhetische Theorien nicht ausreicht. Dies gilt übrigens grundsätzlich für alle Gesellschaften, in denen sich Dekadenz entwickelt, wie Fellini dies in seinem Film „Satyricon“ sehr gut für das alte Rom dargestellt hat. Diese Kulturdekadenz ist übrigens nicht auf Gruppen oder Schichten begrenzt, sie ist quasi omnipräsent.

 

Beispielhaft soll hier einmal nur zur Verdeutlichung das Thema Tattoos diskutiert werden (es könnten leicht auch andere Beispiele aufgeführt werden). Laut Spiegel vom 07.02.23 haben sich bereits mehr als 35 % der erwachsenen Bevölkerung tätowieren lassen. Toxische Farben – dies zeigen die europäischen Verbote der letzten Jahre – wurden demnach einem Teil der Bevölkerung in der Vergangenheit verabreicht. Die Laser können zwar die Pigmente zerstören, aber sie lösen gleichzeitig auch aus, dass sich die gespeicherten Gifte über das Lymphsystem im Körper ausbreiten.

 

Je nach Auge des Betrachters erscheinen nur wenige tätowierte Körper als Gesamtbild ästhetisch oder gar künstlerisch vollkommen. Hier wirft sich die Frage auf, inwiefern eine Art standardisierte Mindest-Ausbildung bzw. Handwerkslehre auch mit Blick auf Ästhetik sinnvoll ist.

 

Wohlgemerkt: Es geht hier nicht darum, als eine Art von Ästhetik Polizei zu agieren, um anderen vorzuschreiben, was sie tun oder lassen sollen. Es geht vielmehr um positive Einflussnahme, denn Ästhetik unterliegt vor allem den Gesetzen der Natur, wie man bereits in der Renaissance am Beispiel des aus der Fibonacci Reihe abgeleiteten Goldenen Schnittes entdeckt hat. Trends und Konventionen beeinflussen ihre jeweils zeitspezifische Ausformung, dennoch sollten diese nicht willkürlich gehandhabt werden.

 

Die Entwicklung zu dem heute vorherrschenden niedrigen Niveau hätte verhindert oder zumindest vermindert werden können, wenn sich viele ästhetische Mediziner aktiv – und nicht nur auf ihren eigenen Kongressen – mit diesen, die Dekadenz widerspiegelnden Entwicklungen auseinandergesetzt und diese kritisiert hätten. Natürlich ist eine Diskussion auf den Fachkongressen sinnvoll und notwendig, aber gleichzeitig sollten ästhetische Mediziner auf die Menschen stärker zugehen, sowohl im persönlichen Gespräch, als auch in den Medien, um Kontrapunkte als Fachleute zu setzen gegen surrealistisch anmutende Schönheitsideale, die sich in den sozialen Netzwerken meist als sich selbst verstärkende Trends (Stichwort: Virales Marketing) ausbreiten.

 Die Ästhetik von Morgen

 

Die Ästhetik von Morgen oder die Ästhetische Medizin in der heraufziehenden Krise wird zusätzliche Aufgaben übernehmen können. Ihre bisherige hauptsächliche Aufgabe, Zeichen des Alterns zu minimieren, wird in Zukunft nicht mehr ausreichen, auch wenn das Aussehen aufgrund der genetischen Determinierung immer noch wichtigster Faktor für gewisse Entscheidungen ist, zum Beispiel Vorteile im Berufsleben, Einschätzung der persönlichen Eigenschaften durch andere etc. Welche zusätzlichen Aufgaben könnten der Ästhetik zufallen?

  • Den Menschen nicht nur äußerlich, sondern auch von innen behandeln (Schönheit kommt auch von innen!!!)
    Die Idee, ästhetische Medizin nicht allein über eine sichtbare Intervention in einer lokal definierten Region durchzuführen, ist nicht neu. Die Einheit von Körper und Geist – deren qualitatives Resultat die Schönheit ist – ist jedoch nicht einfach herzustellen. Viele unterschiedliche Berufszweige – Psychologen, Mediziner, Kosmetiker, Yogalehrer, um hier nur einige zu nennen – glauben, sich einbringen zu müssen, bzw. glauben, den einzigen und richtigen Weg gefunden zu haben, der den Menschen Schönheit und Glück bringt.

Ästhetische Mediziner sind da etwas einfacher in ihren Versprechungen, nicht so hoch gestochen und bodenständiger, weil sie in der Regel nur lokal behandeln, hier eine Falte verschwinden lassen, dort etwas Volumen auf- oder abbauen. Sie bleiben aber auch Mediziner, und deshalb könnten Sie mehr tun als nur lokal behandeln; sie könnten sich überlegen, welche medizinischen Mechanismen oder Therapien sie nutzen könnten, damit sich die Patienten wohler fühlen (gemäß Präambel der WHO). Dazu wäre eine stärker interdisziplinär verknüpfte und erweiterte Medizin im Sinne der Patienten empfehlenswert.

 

  • Systemisch und lokal ästhetisch behandeln
    Die Behandlung des Systems oder des Organismus ist ja durch Anti Aging Medizin bereits seit Jahren im Fokus der Aufmerksamkeit. Trotzdem gibt es immer noch viele ästhetische Medizin betreibende Ärzte, die kein großes Interesse haben, ihr Betätigungsfeld dahingehend auszuweiten. Dies hängt oft mit den konkreten Bedingungen zusammen, unter denen der Arzt behandelt. In einer stark frequentierten Kassenpraxis ist es nicht gut möglich, systemische Diagnostik und Beratung durchzuführen, weil man dazu Zeit benötigt, die dort die kostbarste Währung ist.
  • Trotzdem ist darauf hinzuweisen, dass das ganze Thema der Alterung – Stichwort Longevity – eine bedeutende Rolle in der zukünftigen wissenschaftlichen Entwicklung spielen und die ästhetische Medizin stärker beeinflussen wird. Es geht hier um zwei Aspekte: Zum einen will man Alterung möglichst ohne Gebrechen und Krankheiten erreichen, zum anderen möchte man das Leben selbst verlängern. Beides hört sich im Augenblick utopisch an, tatsächlich aber fließen Milliarden in Unternehmen, die beide Ansätze verfolgen, z.B. den Alterungsprozess erträglicher zu gestalten wie beispielsweise das Buck Institute in Kalifornien, das gentechnische Veränderungen anstrebt, um Gebrechen zu minimieren. Gehört dazu auch die alternde Haut? Diese Entwicklung wird die nächsten Jahre beeinflussen und Behandler, Patienten, Gesetzgeber und Gesundheitssysteme vor Herausforderungen stellen, die sowohl positive als auch negative Folgen nach sich ziehen werden.

Der zum Beispiel in den letzten beiden Jahren auf internationalen Kongressen diskutierte Einsatz von Exosomen für die Therapie von Wunden, Haut und Haarausfall zeigt auf, dass wir nicht mehr sehr weit entfernt sind von dieser schönen neuen Welt, auch wenn die europäische Gesetzgebung derzeit noch Produkte verhindert, die aus humanen mesenchymalen Stammzellen hergestellt werden.

 

  • Prophylaxe und Prävention stärker hervorheben, um die Menschen in der Krise widerstandsfähiger zu machen
    Jeder langjährig arbeitende Ästhetiker ist sich bewusst, dass das Thema der präventiven Ästhetik bislang zu kurz kommt. Dies hängt vor allem damit zusammen, dass präventive Ästhetik möglichst unsichtbar sein sollte – im Gegensatz zur Ästhetik, die den Alterungsprozess behandelt oder starke Asymmetrien und Disharmonien ausgleichen soll.

Prävention sollte unbedingt umfassender betrachtet werden. Es geht nicht nur (aber auch) um die präventive Hautbehandlung mit Multivitaminen durch Mesotherapie von Menschen in den Zwanzigern, sondern auch um systemische Stabilität, die in unserer Welt schwieriger herzustellen ist. An dieser Stelle ist der Begriff „Ganzheitlichkeit der Behandlung“ einmal passend und sinnvoll angewendet. Alle Heilberufler stehen hier vor der Frage, ob sie trotz der ökonomischen Belastungen immer noch Medizin für den Patienten machen wollen, oder ob es nur noch um das eigene Überleben geht.

 

  • Das Potential der Extended und der Anti Aging Medicine nutzen wie beispielsweise die Zellerneuerungstherapie mit PPC, um Resilienz aufzubauen
    Das PPC sei hier nur beispielhaft erwähnt, weil das Netzwerk sich mit seiner CRT – Cell Rejuvenation (Infusions-)Therapie mit PPC einige Kompetenzen erworben hat. Das Thema Aufbau von Resilienz kann natürlich nicht darauf beschränkt werden. Die Netzwerk Strategie zu diesem Thema sollte vielleicht als Inspiration für eigenes Umgehen mit diesem Thema genommen werden: So hat das Netzwerk in seinen Shop zusätzlich einige wenige ausgewählte Nahrungsergänzungsmittel verschiedener Hersteller mit qualitativ hochwertigen Rohstoffen und Rezepturen aufgenommen, die demselben Ziel – Aufbau von stärkerer Resilienz – dienen und sowohl mitochondriale als auch systemische Unterstützung anbieten.

 

  • Solidarische Kommunikation mit den Patienten pflegen, und dies auch vor allem im eigenen Interesse
    Heilberufler und Patienten sind eigentlich zu solidarischem Handeln verdammt, denn alle anderen Institutionen des Gesundheitssystems arbeiten gegen sie aus eigenem Interesse heraus: Staat und Politik, gesetzliche und private Kassen, Pharmaindustrie, Gerätehersteller, Verbände und kassenärztliche Vereinigungen, Apotheker etc.

 

Insofern sollte bereits der gesunde Menschenverstand uns sagen, dass eine Spaltung dieser beiden Gruppen nur den Lobbyisten hilft. Es erscheint trotz der täglichen Konfrontationen und Auseinandersetzungen dieser beiden Partner sinnvoll, sich vorzustellen, dass beide im selben Boot sitzen und mit denselben Verhältnissen konfrontiert sind. Ein verbales Zugehen auf die eigenen Patienten in diesem Sinne kann diese noch stärker zu Verbündeten machen.

 

  • Gesellschaftlich offensivere Auseinandersetzungen führen
    Immer wieder werden in Fortbildungen nicht akzeptable Behandlungen gezeigt und diskutiert. Ein Beispiel sind die von manchen Patientinnen gewünschten „Schlauchbootlippen“. Eine solche Diskussion ist sicher gut und sinnvoll. Doch nicht zuletzt wird die Ästhetische Medizin – wie weiter vorne bereits angesprochen – ihre gesellschaftliche Aufgabe erfüllen und deshalb die offensive Auseinandersetzung darüber aufnehmen müssen, ob „Schlauchbootlippen“ der Weisheit/Ästhetik letzter Schluss sind. Oder ob es überhaupt sinnvoll ist, sich so zu verändern, dass sich schließlich alle gleichen, bzw. immer ähnlicher aussehen. Schönheit ist nicht dadurch gegeben, dass alle gleich aussehen. Woran will man dann noch Schönheit messen?

Allgemein ausgedrückt geht es darum, welche gesellschaftliche Aufgabe ästhetische Mediziner erfüllen wollen und wer die Führung im Bereich ästhetischer gesellschaftlicher Entwicklungen hat, die den Menschen betreffen. Sind das wie heute die Medien, die Influencer und die Vorbilder aus den Promireihen der Kardashians, oder können die ästhetisch behandelnden Mediziner mehr Kompetenz erlangen und vermitteln und deshalb auf diese Entwicklungen verstärkter Einfluss nehmen? Dies würde auf jeden Fall zu einer neuen gesellschaftlichen Positionierung ästhetisch arbeitender Mediziner führen. Diese müssen sich nur trauen, in diese Rolle hineinzuwachsen. Denn schließlich haben Ärzte – im Gegensatz zu den reinen Dienstleistern wie den Ästhetik Discountern – die Möglichkeit, ihr Handeln permanent auch ethisch zu hinterfragen. Dazu haben sich Ärzte nicht zuletzt verpflichtet.

Schlussfolgerungen

Alle angesprochenen Aspekte können die Richtung weisen, in die die Ästhetik sich entwickeln kann und sollte. Sie werden dennoch der Krise nichts von ihrer Schärfe nehmen können, denn diese ist von ganz anderen Bedingungen abhängig. Aber sie können ästhetisch arbeitenden Medizinern durch die Eröffnung erweiterter Möglichkeiten einen verbesserten Umgang mit der kommenden krisenhaften Situation ermöglichen.

Jeder sollte sich allerdings fragen, ob sie/er die letzten Jahrzehnte in einer Traumwelt gelebt hat, die von den Medien und Hollywood vorgespiegelt wurde und in der wir – zugegeben – alle gern gelebt haben.

 

Das Leben – das zeigt uns die Krise – ist zuallererst ein Kampf ums Überleben, wie solidarisch dieser auch geführt werden mag. Wenn wir diese Wahrheit wieder annehmen, kann etwas Neues und Realistischeres aus der aufkommenden Not entstehen. Die Ästhetische Medizin ist heute und auch zukünftig nicht in einer Krise – ästhetische Mediziner könnten aber hineinschlittern, wenn sie nicht aktive Veränderungen anstreben.

Korrespondenz-Adresse

Dipl. Ing. Dirk Brandl
Mühlenstr. 19
DE-48317 Drensteinfurt
brandl@network-globalhealth.com

Conflict of Interests

Die Autoren verbinden mit dieser Publikation keinerlei eigene ökonomische Interessen.

Literatur

1. Brandl D, Schrader V (2014) Kontroversen in der ästhetischen Medizin. die Rahmenbedingungen 1: Gesellschaft und Identität des ästhetisch arbeitenden Mediziners. KosMed 35(1): 22-26.
2. Brandl D, Ellwanger J (2014) Kontroversen in der ästhetischen Medizin. Die Rahmenbedingungen 2: Die neuen Herausforderungen der ästhetischen Medizin. KosMed 35(2): 70-75.
3. Brandl D, Weidmann M, Grübmeyer H (2014) Kontroversen in der ästhetischen Medizin. Die Rahmenbedingungen 3: Ästhetik als Behandlungsmodell – die Kompositorische Ästhetik. KosMed 35(3): 122-127.
4. Brandl D, Steinert M (2014) Kontroversen in der ästhetischen Medizin. Die Rahmenbedingungen 4: Die ästhetische Praxis – von der Einzelbehandlung zum Wohlfühlerlebnis. KosMed 35(4): 184-189.
5. Brandl D, Funke G, Philipp-Dormston W (2014) Kontroversen in der ästhetischen Medizin. Die Rahmenbedingungen 5: Die Bedeutung von Prävention und Postvention für die Zukunft der Ästhetik. KosMed 35(5): 234-237.
6. Brandl D, Schrader V (2014) Kontroversen in der ästhetischen Medizin. Die Rahmenbedingungen 6: Über den Tellerrand hinaus. KosMed 35(6): 274-280.
7. Lettko M, Brandl D (2015) Kontroversen in der ästhetischen Medizin. Die Rahmenbedingungen 7: Die soziale Macht der Schönheit, KosMed 36(1): 22-28.
8. Lettko M, Brandl D (2015) Kontroversen in der ästhetischen Medizin. Die Rahmenbedingungen 8: Die soziale Ohnmacht der Schönheit. KosMed 36(2): 74-80.
9. Brandl D, Hilton S, Eichelberg D (2015) Kontroversen in der ästhetischen Medizin. Die Rahmenbedingungen 9: Ästhetik und Existenz. KosMed 36(3): 120-128.

Ausgabe

Anmelden

Passwort vergessen?