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Kontroversen in der Ästhetischen Medizin – 2. Simplex sigillum veri der Photoepilation

Controversies in aesthetic medicine: 2. Simplex sigillum veri of photoepilation

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Summary

Melanin content in hair matrix is important for initial temperature increase at the distal portion of the growing hair follicle being thus the necessary condition for the photoepilation. This condition is however not sufficient for effective hair removal. Intra-anagen heterogeneity of the light sensitivity as well as its possible correlation with sonic hedgehog activity, that mainly determines the remodelling processes in hair follicle, may be responsible for different seemingly paradoxical effects of the photoepilation. It is concluded that the theory needs much modification, along with revision of the optimal treatment strategy.

Zusammenfassung

Melaningehalt in der Haarmatrix ist wichtig, um eine Temperatursteigerung am distalen Ende des Haarfollikels zu erzielen, was Lichtabsorption im Melanin zu einer notwendigen Bedingung bei der Photoepilation macht. Diese Bedingung ist allerdings für eine effektive Haarentfernung nicht ausreichend. Intra-anagene Heterogenität in der Lichtsensitivität sowie eine mögliche Korrelation dieser Sensitivität mit der Aktivität von Sonic Hedgehog Molekülen, die für Remodellierungsprozesse im Haarfollikel verantwortlich sind, können für viele scheinbar paradoxale Effekte bei der Photoepilation verantwortlich sein. Eine Modifikation der Theorie sowie eine Revision der optimalen Behandlungsstrategie sind darum notwendig.


Einführung

Photoepilation bleibt eine der wichtigsten Applikationen der Lichttherapie in der ästhetischen Medizin. Als theoretische Grundlage dieser Behandlungsmethode gilt das mittlerweile allgemein anerkannte Prinzip der selektiven Photothermolyse [1]. Wegen dieser breiten Akzeptanz wird auch oft angenommen, dass die Theorie bei dieser Methode korrekt ist und damit die meisten klinischen und experimentellen Ergebnisse erklären kann. Aus diesem Grund hat man sich in den letzten Jahren hauptsächlich auf die Optimierung und Verbesserung der physikalischen Modalitäten von Photoepilations-Behandlungen konzentriert. Diese sollten das therapeutische Intervall zwischen der Lichtabsorption in den Haaren und in der Haut weiter vergrößern und somit die Behandlungen effektiver und sicherer machen. Dafür wurden verschiedene Pulsformen und Pulslängen, unterschiedliche Lichtquellen mit einzelnen oder kombinierten Wellenlängen sowie Kombinationen von Licht mit anderen Energiearten eingesetzt. Obwohl immer wieder über Teilerfolge im Zusammenhang mit solchen Modifikationen berichtet wurde und man mittlerweile viel mehr als noch vor zehn Jahren über die Wirkungen des Lichtes auf die Haare weiß, ist ein Durchbruch definitiv nicht gelungen. Keine der Behandlungsmethoden könnte die Anzahl der Behandlungen bei vergleichbarer Wirkung effektiv reduzieren oder die Effektivität bei gleicher Anzahl von Behandlungen signifikant erhöhen. Es scheint so, dass die natürlichen Grenzen bei dieser Methode bereits erreicht wurden.

Diese Grenzen werden in der Theorie mit dem Melaningehalt in der Haarmatrix und seinen zyklischen Veränderungen im Laufe des Haarzyklus verbunden. Tatsächlich spricht eine Korrelation zwischen dem Melaningehalt der Haare und ihrer Lichtsensitivität für eine wichtige Rolle des Melanins bei der Photoepilation. Diese Korrelation könnte zwischen dem Typ und der Konzentration des Melanins (über Haarfarbe [2]) sowie zwischen verschiedenen Haarzyklusphasen mit unterschiedlichem Melaningehalt festgestellt werden. Die genannten Korrelationen, die keine Beweise, sondern lediglich Hinweise für einen Zusammenhang liefern, wurden generell falsch interpretiert und führten zu einer allgemeinen Meinung, dass ein ausreichender Melaningehalt nicht nur eine notwendige, sondern auch ausreichende Bedingung für eine effektive Haarentfernung bildet. Das Letztere führt zu zahlreichen „Paradoxen“ und macht sogar die Theorie der Photoepilation innerlich widersprüchlich [3, 4].

In diesem Artikel wird eine Modifikation der Photoepilations-Theorie beschrieben, die solch widersprüchliche Phänomene erklären kann. Diese Modifikation betrifft die Grundlagen der Photoepilation-Theorie und muss damit konsequent zu substanziellen Veränderungen in der Behandlungsstrategie führen, die neu formuliert werden müssen.

 

Wichtigste Widersprüche in der Photoepilation

Permanente (langfristige) Unterbrechung des Haarzyklus, die als gewünschte Hauptwirkung der Photoepilation angesehen wird, ist nicht die einzige bekannte Wirkung des Lichtes auf die Haare. Auch solche Phänomene wie Miniaturisierung, Eklipse und sogar der „Paradox-Effekt“ (Entwicklung einer stärkeren Hypertrichose nach Photoepilation) sind möglich. Eine mögliche Interpretation dieser Wirkungsvielfalt bei einem und demselben Wirkmechanismus wäre die Graduierung der Effekte abhängig von der Lichtintensität, was die beiden Phänomene wie Miniaturisierung und Eklipse z.B. mit einer „Unterbestrahlung“ des Haares erklären sollte.

Die Photoepilations-Theorie stößt allerdings nicht nur an solche Probleme an, sie muss auch vernünftig einige andere Fragen beantworten können, u.a.:

 

  • Warum besteht eine große Diskrepanz zwischen der gesamten Anzahl von anagenen Haaren und der Anzahl von lichtsensitiven Haaren im Behandlungsgebiet?
  • Warum ist Melanin in der Haarmatrix „lichtsensitiver“ als das Melanin im Haarschaft?
  • Warum sind die Ergebnisse bei der Behandlung von Patienten mit Hirsutismus immer schlechter als bei normalen Patienten?
  • Warum reagieren anatomisch ähnliche Haare an verschiedenen Körperstellen sehr unterschiedlich auf die gleiche Lichtenergie?
  • Warum zeigen Haare je nach eingestrahlter Energie entweder eine reduzierende oder eine stimulierende Reaktion?
  • Warum kann in der Regel keine klare Dosis-Effekt-Kurve für die Photoepilations-Wirkungen nachgewiesen werden?
  • Warum bringen verschiedene Behandlungsmodalitäten trotz ihres breiten Spektrums von Wellenlängen, Pulsformen und der Pulsdauer nicht die gewünschte Effektivitätssteigerung?

Wenn die Lichtabsorption im Melanin eine notwendige und ausreichende Bedingung der Photoepilation bildet und alle diese Phänomene daraus erklärt werden müssten, dann sind sie alle paradoxal.

Tatsächlich ist bekannt, dass sich ca. 65–70% aller Haare im Gesicht in der Anagenphase befinden [5]. Gesetz den Fall, dass alle diese Haare lichtsensitiv sind, so müssten fast alle Haare in diesem Behandlungsgebiet nach maximal 2 bis 3 Behandlungen entfernt werden können, was allerdings definitiv nicht der Fall ist. Sollte das Melanin im Haarschaft auch „lichtsensitiv“ sein, müsste man auch eine reduzierte Lichtsensitivität von telogenen und katagenen Haaren annehmen, was jedoch fast allen klinischen Ergebnissen widersprechen würde. Rückenhaare, die anatomisch gesehen den Haaren aus anderen Körperregionen sehr ähnlich sind [6], reagieren deutlich schlechter auf die gleiche Lichtmenge wie beispielsweise Achsel- oder Bikinihaare, die generell tiefer liegen. Patienten mit Hirsutismus, der grundsätzlich mit einer Verlängerung der Anagenphase verbunden ist [7], sollten rein theoretisch größere prozentuale Anzahl von lichtsensiblen Haaren haben; sie zeigen allerdings eine deutlich schlechtere Reaktion als normale Patienten und brauchen besonders im Gesicht viel mehr Sitzungen, um vergleichbare Ergebnisse zu erzielen. Es ist ebenfalls interessant, dass gleiche Lichtquellen nicht nur zu einer Haarreduktion, sondern auch zur Haarstimulation eingesetzt werden können, was theoretisch betrachtet nichts mit der Lichtabsorption in Melanin zu tun haben kann. Die Dosis-Effekt-Kurven in der Photoepilation sind ein Rätsel; es gibt keine eindeutige Dosis-Effekt-Abhängigkeit (zumindest nachdem die Lichtintensität eine gewisse Grenze überschreitet) und sogar niedrigere Intensitäten können eine gewisse Haarreduktionswirkung zeigen. Kurz gesagt – in der Photoepilation gibt es mehr Fragen als plausible Antworten

Heterogenität der Anagenphase

In der Regel wird die Anagenphase in sechs Subphasen unterteilt. Subphasen I und II sind für die Photoepilation uninteressant, weil die Melanogenese im Haarfollikel erst ab der Phase IIIa stattfindet. Die Entwicklung des murinen Haarfollikels in die Tiefe der Dermis und weiter in die Subkutis findet in den Anagenphasen III–V statt; am Ende der Anagen V ist der Haarfollikel voll entwickelt [8] und in Anagen VI findet überwiegend die Entwicklung des neuen Haarschaftes statt. Menschliche Haare zeigen eine ähnliche Entwicklung. Der Abschnitt Anagen III–V stellt (nach Anagen VI) die zweitlängste Subperiode von Anagen dar. Angesichts der oben formulierten Fragen muss man allerdings annehmen, dass die Haare in Anagen VI eine deutlich reduzierte Lichtsensitivität im Vergleich zu Haaren in den Anagenphasen III–V haben müssen. Anderenfalls kann man die große Differenz zwischen der Gesamtanzahl von anagenen Haaren und der Anzahl von „lichtsensitiven“ Haaren, die für diesen Effekt verantwortlich zu sein scheinen, nicht erklären. Das wirft eine unerwartete Frage über eine intra-anagene Heterogenität bezüglich der Lichtsensitivität auf, die der klassischen Melaninhypothese stark widerspricht.

Tatsächlich nehmen wir an, dass der lichtsensitive Anteil (Anagen III–V) lediglich 20% der Gesamtanagendauer ausmacht. Bei einem Anagen-Anteil der Haare von ca. 65% (z.B. für die Oberlippe) sollte es theoretisch möglich sein, ca. 13% aller Haare/Haarfollikeln nach einer Behandlung zu verletzen. Dies entspricht einer notwendigen Anzahl von ca. 7–8 Sitzungen. Wenn eine Verlängerung der Anagenphase durch Anagen VI (entspricht einer typischen Situation bei Hirsutismus) den Anteil von lichtsensiblen Haaren auf nur 10% reduziert, müsste sich die Anzahl von notwendigen Bestrahlungen gleichzeitig auf bis zu 15 vergrößern. Dies bedeutet, dass eine reduzierte Lichtsensitivität von androgen-abhängigen Haaren bei Hirsutismus sich einfach mit ihrer „Anagenisierung“ (Verlängerung der Anagen VI-Subphase) und mit der damit verbundenen Reduktion des effektiven Anteils von lichtsensitiven Haaren erklären lässt.

Ähnlich kann auch die Differenz in der Lichtsensitivität von anatomisch fast gleichen Haaren an verschiedenen Körperstellen erklärt werden. Es ist bekannt, dass die Länge der Anagenphasen I bis V sich an verschiedenen Körperstellen nicht signifikant voneinander unterscheidet, und dass die globale Variabilität der Anagen-Dauer primär mit der Veränderung von Anagen VI verbunden sein muss. Die Körperregionen mit lange wachsenden Haaren (längere Anagen VI) müssen dann eine niedrigere Lichtsensitivität haben, weil in diesen Arealen das Verhältnis von „lichtsensitiven“ Haaren zur gesamten Anzahl von anagenen Haaren niedriger ausfallen muss.

Das Ganze führt jetzt zu einer konsequenten Frage: Warum sind die Haare in Anagen III–V „lichtsensitiver“ als die in Anagen VI?

Remodellierungsprozesse im Haarzyklus

Die intensivsten Prozesse der epithelialen und mesenchymalen Remodellierung des Haarfollikels finden in Anagen III–V statt und sind u.a. mit solchen Umstrukturierungen wie Verlängerung und Vergrößerung des Haarfollikels (während der Anagenphasen III–IV), sowie mit mesenchymaler Remodellierung der dermalen Papille (in Anagen V) verbunden. Diese Prozesse finden hauptsächlich am distalen Ende des Haarfollikels statt und sind im Wesentlichen durch den Sonic Hedgehog-Signalweg (Shh) gesteuert.

Shh spielt sowohl bei dem morphogenetischen Aufbau des Haarfollikels als auch in seiner späteren zyklischen Entwicklung eine ganz wichtige Rolle [9, 10]. Ohne Shh-Aktivierung kann während der Embryogenese zwar eine Invagination der Haut stattfinden, eine vollständige Entwicklung des Haarfollikels in die Tiefe der Dermis und Subkutis bleibt aber fast vollständig aus.

Die Shh-Expression ist normalerweise am distalen Ende des Haarfollikels konzentriert und korreliert somit räumlich mit den Stellen der maximalen mesenchymalen Remodellierung im Haarfollikel. Die Shh-Aktivität zeigt auch eine deutliche zeitliche Korrelation mit den epithelialen und mesenchymalen Remodellierungsprozessen: Sie erreicht ihren Maximalwert während der früheren und mittleren Anagen-Subphasen und geht im späteren Anagenabschnitt fast auf null zurück [11]. Damit entsteht eine intra-anagene Heterogenität in der Shh-Aktivierung, die ein ähnliches Muster aufweist wie die intra-anagene Lichtsensitivität von Haaren. Solch eine zeitliche Korrelation zwischen der Shh-Aktivität und den Remodellierungsprozessen am distalen Ende des Haarfollikels kann unter anderem mit der wichtigen Funktion von Shh im Kollagenturnover erklärt werden. Shh kann Fibroblasten in vitro und in vivo aktivieren und wird in hoher Konzentration beispielsweise bei Patienten mit systemischer Sklerose produziert [12]. Die Inhibierung von Shh führt nicht nur zu einer Suppression der Haarfollikelentwicklung in der Anagenphase, sondern kann auch eine neue Fibrose vorbeugen und bestehende Narben sogar zurückbilden [13]. Das zeigt unter anderem, dass die sogenannten Fibrosespuren unterhalb des Haarfollikels, die eine zyklische Entwicklung des Follikels markieren und eine große Rolle bei der Miniaturisierung von Haarfollikeln in der androgenen Alopezie sowie bei der Elektroepilation spielen, auch in Photoepilations-Effekte involviert sein können. Diese interessante Pathophysiologie verdient eine separate Analyse und wird hier nicht weiter diskutiert.

Weil die oben beschriebenen Remodellierungsprozesse am distalen Ende des Haarfollikels stattfinden, sind diese Areale nicht weit (lediglich 15–30 µm) von der dermalen Papille entfernt. Primäre Lichtabsorption findet im Melanin der Haarmatrix statt. Diese Energie kann durch Diffusionsprozesse übertragen werden und so ohne sehr große Verluste die Areale mit starken Remodellierungsprozessen erreichen. Aus diesem Grund spielt die Lichtabsorption im Melanin des Haarschaftes nur eine untergeordnete Rolle: Der Abstand zwischen dem Ort, wo die Absorption im Haarschaft stattfindet und dem distalen Ende des HFs, wo die Remodellierungsprozesse laufen, ist viel zu groß, um eine ausreichende Menge von absorbierter Energie übertragen zu können.

Die Shh-Aktivität ist stark temperaturabhängig und zeigt eine bi-phasische Reaktion: In physiologischer Konzentration wirkt Shh stimulierend auf Haarfollikel, bei Überproduktion kann Shh allerdings die Follikelentwicklung komplett unterdrücken [14]. Vor Kurzem wurde sogar demonstriert, dass Shh-produzierende Zellen selektiv mit Laser beschädigt werden können [15]. Dabei ist die für solche Ablation notwendige Lichtintensität sehr gering.

Cyclosporin-Paradox

Eine intra-anagene Heterogenität kann am Beispiel von Cyclosporin A (CsA) demonstriert werden. CsA kann bei langfristiger Anwendung zu Hypertrichose und angeblich sogar zum Hirsutismus führen. Murine Haare zeigen in Anagen-Subphasen IV und VI sehr unterschiedliche Reaktionen auf CsA in Kombination mit Cyclophosphamid (CP). Eine CsA-Applikation während Anagen IV führt sogar während der Chemotherapie mit CP zu einer Entwicklung von dicken und langen Haaren. Die Applikation von CsA während Anagen VI dagegen kann die durch Chemotherapie induzierte Alopezie nicht verhindern [16]. Die intra-anagene Variabilität der CsA-Wirkung ist unabhängig vom Melaningehalt sowie der Melaninfarbe. Dieser Effekt kann damit erklärt werden, dass CsA die Hypertrichose durch den Shh-Signalweg induziert [17]. Da die Shh-Produktion während Anagen VI stark reduziert ist, kann dies die Ergebnisse mit CsA erklären und die intra-anagene Heterogenität der Lichtsensitivität von Haarfollikel indirekt bestätigen.

Diese Heterogenität führt nicht nur zur großen Modifikation der Theorie und Erklärung von mehreren Missverständnissen, sondern hat auch ganz wichtige Auswirkungen auf die ganze Behandlungsstrategie in der Photoepilation.

Konsequenzen für die Behandlungsstrategie

Die bekannten Behandlungsstrategien in der Photoepilation basieren auf der Idee eines therapeutischen Intervalls zwischen der Lichtabsorption in Haaren und in der Haut. Es wird generell angenommen, dass eine Dosis-Effekt-Kurve für die Photoepilation existiert und somit die Anwendung höherer Lichtenergien bessere Ergebnisse zeigen sollte als bei niedrigeren Energiedichten. Je größer dieses Intervall ist, desto höhere Lichtintensitäten können eingesetzt werden, ohne dabei die Haut signifikant zu verletzen. Die Behandlungseffektivität wird in der Photoepilation an der prozentuellen Anzahl beschädigter Haare gemessen und es wird direkt oder indirekt postuliert, dass für diese Wirkung eine bestimmte minimale absorbierte Energiemenge gebraucht wird. Alle anderen Parameter werden als konstant und nicht steuerbar angenommen. Dazu gehören z. B. die prozentuale Anzahl anagener Haare im Behandlungsareal, geometrische Eigenschaften von diesen Haaren sowie ihr Melaningehalt.

Die Behandlungsmodalitäten sollten somit so konzipiert werden, dass für jeden Satz von solchen Haareigenschaften eine bestimmte Behandlungsstrategie mit speziellen Behandlungsparametern oder sogar mit der Anwendung verschiedener Lichtquellen realisiert wird. Solche Strategie steht allerdings in einer krassen Konfrontation zu einigen experimentellen und klinischen Ergebnissen: z.B. zum fehlenden Nachweis einer existierenden Dosis-Effekt-Kurve; zur effektiven Wirkweise von Laser im unteren Fluence-Bereich, was rein theoretisch nicht zu einer Verletzung des Haarfollikels führen sollte, oder zu vergleichbaren Ergebnissen bei der Anwendung verschiedener Lichtquellen mit sehr unterschiedlichen Pulsformen, usw. Einerseits braucht man angeblich eine individuelle Parameteranpassung, um bessere Behandlungsergebnisse zu erzielen, andererseits zeigt diese Anpassung nicht die gewünschte Effektivitätssteigerung.

Solche „paradoxalen“ Ergebnisse können mit der in diesem Artikel beschriebenen Korrektur der Photoepilations-Theorie erklärt werden. Tatsächlich: die Effektivität einer Photoepilations-Behandlung sollte von den geometrischen Charakteristiken des Haarfollikels abhängig sein. Diese Abhängigkeit ist allerdings nicht nur mit der Tiefe des Follikels verbunden, sondern viel mehr mit einer Verschiebung der Verteilung von „lichtsensitiven“ und „lichtresistenten“ Anagen-Subphasen bei tiefen im Vergleich zu „normalen“ Haaren. Der Unterschied ist dabei ganz klar. Hat eine niedrigere Behandlungseffektivität bei solchen Haaren mit dem Energieverlust aufgrund des längeren Wegs zur Haarmatrix zu tun, könnte man versuchen, dies mit anderen Lichtquellen (wegen wellenlängenabhängigen Eindringtiefen), Strahlungsflächen (wegen möglicher Interferenz) oder verschiedenen Pulsformen zu verbessern. Deuten jedoch die geometrischen Parameter der Haare hauptsächlich auf eine Umverteilung auf der Lichtsensitivitätsskala hin, wären alle diese Modifikation wenig effektiv und sogar unnötig, weil der prozentuelle Anteil von „lichtsensitiven“ Haaren in dieser neuen Theorie eine natürliche Effektivitätsgrenze für jede Behandlungsmethode darstellen würde.

Daraus resultiert allerdings noch eine andere Konsequenz für die optimale Behandlungsstrategie, die mit einer möglichen Modifizierung des Anteils „lichtsensitiver“ Haare zu tun haben sollte. Wenn nur anagene Haare in der HF-Remodellierungs-Phase lichtsensitiv sind, kann die Anzahl von diesen Haaren durch eine lokale Stimulation von Shh erhöht werden. Genau das sollte der Mechanismus von Haarwachstumsstimulation mit dem Licht sein. Allerdings verlangt solch eine Behandlungsstrategie einen ganz speziellen zeitlichen Ablauf, weil die Shh-Aktivierung nicht sofort nach der Stimulation realisiert werden kann. Diese Strategie wird woanders beschrieben.

 

Korrespondenz-Adresse

Dr. rer. nat. habil. Ilja L. Kruglikov
Wellcomet GmbH
Greschbachstraße 2–4
D-76229 Karlsruhe, Germany
i.kruglikov@wellcomet.de

Conflict of Interests

Dr. I. Kruglikov is the managing partner of Wellcomet GmbH

Literatur

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3. Kruglikov IL (2012) Melanin light absorption as the necessary but not sufficient condition for photoepilation. Intra-anagen variability of hair follicle light sensitivity. Am J Cosm Surg 29(4): 266-272.
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