Übersichtsarbeit
Bernd Klesper, Sabiel Majeed
Sind schöne Menschen gesünder?
Are beautiful people healthier?
Keywords | Summary | Correspondence | Literature
Keywords
attractiveness, Beauty, body shape, Health
Schlüsselworte
Attraktivität, Gesundheit, Körperbau, Schönheit
Summary
Beauty has a biological basis. Usually attractive people are intuitively classified as healthier, and on the other hand, many diseases change the appearance into negative. Several studies are concerned with the question whether good-looking people are really healthy? For example there is an optimally healthy physique, which is also classified as attractive. In our own study with 125 participants, we correlated the self-classification of the own beauty with the level of health in the test SF-36. Men who classified themselves as attractive were actually healthier, but this connection was small for women, possibly because women can increase their beauty with many helps, so that the healthy appearance is not as real as that of men.
Zusammenfassung
Schönheit besitzt eine biologische Basis. Attraktive Menschen werden meist intuitiv auch als gesünder eingestuft bzw. viele Krankheiten verändern das Aussehen ins Negative. Damit, ob gutaussehende Menschen wirklich gesund sind, beschäftigen sich einige Studien. So gibt es z.B. einen optimal gesund wirkenden Körperbau, der auch als attraktiv eingestuft wird. In einer eigenen Studie mit 125 Teilnehmern korrelierten wir die Selbsteinstufung eigener Schönheit mit dem Grad der Gesundheit in dem Test SF-36. Männer, die sich als attraktiv einstuften waren tatsächlich auch gesünder, bei Frauen fiel dieser Zusammenhang gering aus, möglicherweise, da Frauen ihre Schönheit mit vielen Hilfsmitteln erhöhen können, so dass das gesunde Aussehen nicht so echt ist wie bei Männern.
Sabiel Majeed1, Bernd Klesper2 und Erich Kasten3
1 Sabiel Majeed, Medical School Hamburg, Am Kaiserkai 1, 20457 Hamburg, Email: s.majeed@hotmail.de
2 PD Dr. Bernd Klesper, Beauty Klinik an der Alster, Mittelweg 18 20148 Hamburg, Email: berndklesper@hotmail.com
3 Prof. Dr. Erich Kasten, Medical School Hamburg, Am Kaiserkai 1, 20457 Hamburg, Email: EriKasten@aol.com
Schönheit ist kein Selbstzweck
Schönheit ist kein Selbstzweck um das ästhetische Bedürfnis des Menschen zu befriedigen, sondern hat eine biologische Grundlage. Schönheit symbolisiert nach außen, dass ein Mensch gesund ist und damit intakte Gene weitergeben kann. Es ist „natürlich“ im wahrsten Sinne des Wortes, dass schöne Menschen damit leichter einen Partner finden, da unsere Instinkte auf einer sehr unterschwelligen, aber dennoch machtvollen Ebene des Bewusstseins uns suggerieren, dass wir mit einem attraktiven Menschen auch gesunde, kräftige Nachkommen produzieren können. Hierbei geht es nicht nur um die Schönheit des Gesichts, sondern breite Schultern, ein muskulöses Gesäß und lange Beine symbolisieren beim Mann, dass er ein guter Jäger ist und in der Steinzeit viel Mammutfleisch nach Hause bringen konnte, bzw. bei der Frau sind große Brüste ein Symbol dafür, dass sie viele Nachkommen ernähren konnte, die quasi die „Rentenversicherung“ des Neandertalers waren.
Auf die Breite der Definitionen, was eigentlich Schönheit ist (s. z.B. [1]) oder wie man Gesundheit definiert (s. z.B. [2]), kann hier nicht detailliert eingegangen werden. Aber eine Vielzahl von Krankheiten lässt sich am Gesicht oder Körperbau erkennen [3]; etwa blasse Hautfarbe bei Anämie, Augenringe durch Schlafstörungen, eingegrabene Nasolabialfalten durch ständige Schmerzen, Haarausfall durch Vergiftungen – solche Veränderungen stuft man sofort als wenig attraktiv ein. Neben Veränderungen des Gesichts, spielt auch der Körperbau eine Rolle: übermäßige Magerkeit wie auch Adipositas deuten auf Ernährungsstörungen hin; eine kräftige Statur mit viel Muskeln lässt – zumindest bei Männern – auf gute Gesundheit schließen.
Körpermerkmale, die auf Gesundheit hinweisen
Devendra und Dorian Singh [4] beschäftigten sich 2011 mit dem Zusammenhang der Waist-to-Hip-Ratio (WHR) bei Frauen mit der Gesundheit und Fortpflanzungsfähigkeit. Die Autoren wiesen darauf hin, da die Faktoren, die die Gesundheit und Fortpflanzungsfähigkeit regulieren, nicht direkt beobachtet werden können, hat die evolutionäre Selektion psychologische Anpassungen vorgenommen, um auf körperliche Merkmale zu achten, die mit Gesundheit und Fruchtbarkeit korrelieren. Ein solches Körpermerkmal bei Frauen ist die Verteilung des Gynoidkörpers (d. h. die normative weibliche Körperform, bei der sich die Fettverteilung auf Hüften und Oberschenkel konzentriert). Diese gynoide Körperfettverteilung wird anhand des Verhältnisses von Taillen- und Hüftumfang (WHR) gemessen. In ihrem Artikel fassen die Autoren empirische Belege zusammen, die zeigen, dass die WHR ein guter Prädiktor für Risiken sowohl für schwere Krankheiten wie auch für ein optimales Hormonprofil und die Fortpflanzungsfähigkeit ist. Singh und Singh präsentieren außerdem Ergebnisse aus Studien, die zeigen, dass systematische Unterschiede in der Größe der WHR zu systematischen Änderungen bei der Beurteilung der Attraktivität von Frauen in verschiedenen Gesellschaften auf der ganzen Welt führen. Die weit verbreitete Anziehungskraft niedriger Waist-to-Hip-Ratios legt nahe, dass Menschen mentale Mechanismen entwickelt haben, um Körpermerkmale, die auf eine gute Gesundheit hinweisen als attraktiv beurteilen, was bedeutet, dass Schönheitsstandards nicht willkürlich oder konstruiert sind.
Neben anderen Bestandteilen wie Jugendlichkeit des Aussehens, leicht gebräunter Haut, vollem Haar oder Größe von Augen, Nase und Mund, wurde auch die Symmetrie des Gesichts lange als Kennzeichen der Attraktivität eines Menschen diskutiert. Dahlia Zeidel und Mitstreiter [5] untersuchten 2005 in Los Angeles, ob man aus der Symmetrie des menschlichen Gesichts Folgerungen über Attraktivität und Gesundheit ziehen kann? Die Teilnehmer beurteilten Gesichter auf einer 5-Punkte-Skala gemäß ihrer Attraktivität, ihrer Gesundheit und ihrer Symmetrie. Die Autoren dieser Studie fanden heraus, dass Symmetrie und Attraktivität in Gesichtern von Frauen oder Männern nicht so eng miteinander korrelierten wie man bislang geglaubt hatte, während die Annahme einer guter Gesundheit bei hoher Symmetrie stark miteinander verbunden war. Die Gesichtssymmetrie war also eher für den Glauben an die Gesundheit einer Person entscheidend als für die Beurteilung der Attraktivität.
Ein positives Körperbild wirkt antidepressiv
Aber es stellt sich die Frage: Sind attraktive Menschen wirklich gesünder? Oder fallen wir tagtäglich, wenn wir heimlich einem hübschen Menschen hinterher sehen, auf einen längst überholten biologischen Trick herein? Auch zu dieser durchaus interessanten Frage gibt es einige Studien.
Exemplarisch sollen hier einige wissenschaftliche Arbeiten kurz vorgestellt werden: Mary-Ellen Brierley und ihre Co-Autoren untersuchten im Jahr 2016 in Australien die Hypothese, ob eine als attraktiv bewertete Figur deckungsgleich mit einem physisch gesunden Körper ist [6]? Es wurden 30 weibliche und 33 männliche Beobachter beauftragt, bei jeweils 15 Frauen- und Männerkörperfotografien die Muskel- und Fettanteile an einem PC-Programm so zu manipulieren, dass die attraktivsten und am gesündesten erscheinenden Proportionen entstanden. Sowohl männliche wie auch weibliche Beobachter wählten für die attraktivsten Proportionen von Frauen signifikant weniger Fettmasse als den von Medizinern eigentlich als gesund deklarierten Körperfettanteil. Bei den Männerkörpern war die gewählte Menge an Muskel- und Fettmasse dagegen übereinstimmend mit einer physisch gesunden Körperzusammensetzung. Das heißt, die moderne Frau muss (eher ungesund) schlank sein, der Mann darf ein (eher gesundes) kleines Bäuchlein haben. In einer Schweizer Studie aus dem Jahr 2018 von Franziska Widmer-Howald und ihren Kollegen [7] wurden 1.023 Jugendliche im Altersbereich von 13 bis 16 Jahren befragt, ob Heranwachsende mit einem positiven Körperbild von sich selbst weniger betroffen von Depressionen sind. Das Ergebnis bestätigte, dass ein positives Körperbild signifikant mit psychischer Gesundheit korrelierte.
2019 führten wir an der Medical School in Hamburg eine eigene kleine Studie zu der Frage durch, ob schöne Menschen gesünder sind [8]? Nach Anwendung bestimmter Ein- und Ausschlusskriterien konnten insgesamt die Daten von 52 Männer und 73 Frauen ausgewertet werden. Um keine Konfundierung mit Alterseinflüssen zu haben, wurden nur Personen zwischen 20-30 Jahren untersucht. Wichtigstes Messinstrument war ein selbstentwickelter Fragebogen (s. Tabelle), mit dem die subjektive Erfassung der eigenen Schönheit erhoben wurde. Zur Erfassung des Gesundheitszustandes wurde der Test „SF-36“ von Morfeld et al. (2011) benutzt [9, 10, 11]. Die SF-36 erfasst den Gesundheitszustand und die gesundheitsbezogene Lebensqualität mit acht Dimensionen, darunter fallen: körperliche Funktionsfähigkeit, körperliche Rollenfunktion, körperliche Schmerzen, allgemeine Gesundheitswahrnehmung, Vitalität, soziale Funktionsfähigkeit, emotionale Rollenfunktion sowie psychisches Wohlbefinden. Als Kontrollvariable wurde außerdem das Ausmaß der Extra-/Introversion mit einbezogen, da extravertierte Menschen insgesamt selbstsicherer durch das Leben gehen und sich unter Umständen auch als schöner und gesünder einstufen als Introvertierte. Hierzu wurde der Big-Five Persönlichkeitstest von Satow benutzt [12].
Männer, die gesund aussehen, sind meist auch gesund – Frauen nicht
Das Ergebnis unserer Studie zeigte für Männer einen deutlichen Trend in der Korrelation zwischen subjektiver Einschätzung der eigenen Attraktivität und dem Gesundheitszustand (p=0.05), für Frauen dagegen fiel diese Korrelation erstaunlicherweise gering aus und war fernab von jeder Signifikanz (p=0.39). Der Zusammenhang zwischen Attraktivitätseinschätzung und dem Ausmaß der Persönlichkeit Extra-/Introversion war gleichfalls gering und zeigte keine bedeutsame Signifikanz (p=0.50 für Männer und p=0.22 für Frauen).
Dieses Ergebnis stimmt sehr gut überein mit den Daten von Yong Zhi Foo und Mitarbeitern aus dem Jahr 2017 [13]. Annahme dieser Autoren war, dass die Attraktivität des Gesichts Signale für die biologische Qualität, insbesondere in Hinblick auf die Gesundheit eines Menschen liefern. Zu den attraktiven Merkmalen gehören nach Ansicht dieser Autoren Geschlechtsdimorphismus, Symmetrie, Durchschnittlichkeit, Adipositas und gesunde Hautfarbe. In der Studie wurde zunächst eine umfassende Untersuchung der Merkmale durchgeführt, welche die Attraktivität vorhersagen. Die bei Männern wahrgenommene Gesundheit wurde positiv durch Durchschnittlichkeit, Symmetrie und gesunde Färbung der Haut und negativ durch Adipositas vorhergesagt. Die bei Frauen wahrgenommene Gesundheit wurde vor allem durch die Feminität des Aussehens vorhergesagt. Anschließend untersuchten Foo und Co-Autoren anhand von Untersuchungsmethoden, die mit der sexuellen Selektion zusammenhängen (z.B. Immunfunktion, oxidativer Stress und Samenqualität), ob die Schönheit eines Menschen wirklich die tatsächliche Gesundheit vorhersagt. Bei Frauen gab es kaum Hinweise darauf, dass gutes Aussehen auch hohe Gesundheit versprechen kann. Bei Männern fanden die Wissenschaftler Unterstützung für die phänotyp-gebundene Fertilitätshypothese, d.h. dass eine ausgeprägte Maskulinität die Güte der Samenqualität signalisierte. Insgesamt weisen diese Ergebnisse für Männer auf eine Verbindung zwischen attraktiven Gesichtszügen und Gesundheit hin, für Frauen dagegen weniger.
Fazit
Zusammenfassend lässt sich anhand der aktuellen Forschungslage aussagen, dass männliche Attraktivität offenbar mehr mit Gesundheit in Verbindung gebracht wird als weibliche. Das liegt möglicherweise daran, dass Frauen seit Jahrtausenden ohnehin mehr auf ihre körperliche Attraktivität achten als Männer und mit Schminke, Lippenstift, Rouge oder Push-up-BHs in der Lage sind hier nachzuhelfen und damit auch ein gesünderes Aussehen vorzutäuschen als sie es wirklich haben. Männer nutzen viele dieser Möglichkeiten gemeinhin nicht, so dass man aus ihrem Aussehen deutlich direktere Rückschlüsse ziehen kann als bei der Damenwelt. Hinzu kommt wohl auch, dass Männer, die auf gutes Aussehen bedacht sind, sich häufiger besser ernähren, Sport treiben und damit tatsächlich gesünder sind.
Korrespondenz-Adresse
Sabiel Majeed
Medical School Hamburg
Am Kaiserkai 1
DE-20457 Hamburg
Email: s.majeed@hotmail.de
Conflict of Interests
Es besteht kein Interessenkonflikt
Literatur
1. Renz U (2006): Schönheit – eine Wissenschaft für sich. Berlin-Verlag.
2. Kasten E (2012) Modelle und Konzepte von Gesundheit und Krankheit. In: E. Brähler & B. Strauß (Hrsg.), Grundlagen der Medizinische Psychologie. Enzyklopädie der Psychologie (S. 17-46). Göttingen: Hogrefe-Verlag.
3. Hertl M (1993) Der Gesichtsausdruck des Kranken. Stuttgart: Themie-Verlag.
4. Singh D, Singh D (2011) Shape and Significance of Feminine Beauty: An Evolutionary Perspective. Sex Roles 64(9): 723-731. doi: 10.1007/s11199-011-9938-z.
5. Zaidel DW, Aarde SM, Baig K Appearance of Symmetry, Beauty, and Health in Human Faces. Brain Cogn 57(3): 261-263 DOI: 10.1038/srep39731.
6. Brierley ME, Brooks KR, Mond J, Stevenson RJ, Stephen ID (2016) The Body and the Beautiful: Health, Attractiveness and Body Composition In Men´s and Women´s Bodies. PLoS One, 11(6), e0156722. doi:10.1371/journal.pone.0156722.
7. Widmer Howald F, Schär Gmelch M, Peterseil M (2018) Das Körperbild von Jugendlichen in der Schweiz – Studienergebnisse. Praxis 107(14): 765-771. doi: 10.1024/1661-8157/a003016.
8. Majeed S (2019) Subjektive Schönheit, Gesundheit und Extraversion – Eine Untersuchung des Zusammenhangs der Variablen bei Erwachsenen im Alter von 20 bis 30 Jahren. Bachelor-Thesis. Hamburg: Medical School Hamburg.
9. Morfeld M, Kirchberger I, Bullinger M (2011) SF-36 Fragebogen zum Gesundheitszustand.
10. Ellert U, Bellach BM (1999) Der SF-36 im Bundes- Gesundheitssurvey – Beschreibung einer aktuellen Normstichprobe. Gesundheitswesen 61, 1999, Sonderheft 2, S. S184–S190.
11. Hays RD, Sherbourne CD, Mazel RM (1993) The Rand 36-item health survey 1.0. Health Economics 2: 217–227.
12. Satow L (2012). Big-Five-Persönlichkeitstest (B5T): Fragebogen.
13. Foo YZ, Simmons LW, Rhodes G (2017) Predictors of Facial Attractiveness and Health in Humans. Science Reports 7: 39731. doi: 10.1038/srep39731.