Case Study


Akne inversa und Akne conglobata – Abtragung entzündlicher Infiltrate und Narbenkorrektur mittels CO2 Laser

Acne inversa and acne conglobata – ablation of inflammable infiltrates and scar correction using a CO2 Laser

(NACH CARE-LEITLINIE)

Keywords | Summary | Correspondence | Literature


Keywords

, , , ,

Schlüsselworte

, , , , ,

Summary

acne inversa and acne conglobata are two strongly related chronic relapsing inflammatory skin diseases which are part of the follicular occlusion tetrad. In spite of the big bundle of therapeutic approaches, a satisfying treatment algorithm is lacking. We present a patient suffering from acne conglobata and acne inversa Hurley grade III. Additionally to severe involvement of the predilection sites of acne inversa (inguinal, anogenital and perineal folds and armpits) he shows large confluent inflammatory plaques at neck, face and décolleté. Isotretinoine, Infliximab and antibiotic treatment with clindamycine and rifampicine did not lead to improvement. Wide excision of attained glands in the anogential and inguinal area led to complete remission in the treatment area without further relapse. A large inflammatory plaque at the neck was treated with the carbon dioxide laser with good result. Disease control was achieved with minocycline 50 mg twice daily, topical erythromycine and topical tacrolimus. Disfiguring, rope ladder shaped scars with comedones were ablated in another carbon dioxide laser session. This severe case shows that acne conglobata and acne inversa can be devastating diseases. The carbon dioxide laser is an appropriate tool for treatment of inflammatory lesions as well as for improving the appearance of scarred residues.

Zusammenfassung

Akne inversa und Akne conglobata sind eng verwandte, chronisch rezidivierende entzündliche Dermatosen die der follikulären Okklusions-Tetrade zugeordnet werden. Trotz einer Vielzahl möglicher Therapieansätze stellen sie bis heute ein therapeutisches Dilemma dar. Wir berichten über einen Patienten mit schwerer Akne conglobata und Akne inversa Hurley Grad III. Zusätzlich zu fistulierenden und suppurierenden Infiltraten an den Prädilektionsstellen der Akne inversa (inguinal, axillär, anogenital und perineal) findet sich Befall von Wangen, Hals und Decollete. Unter Isotretinoin, Infliximab und Antibiose mit Clindamycin und Rifampicin konnte keine Befundverbesserung erreicht werden. Grossräumige Exzision der befallenen Areale anogenital und inguinal führten zum Stillstand der Entzündung in diesem Bereich. Befriedigendes Ansprechen auf Minocyclin und topisches Tacrolimus an den übrigen Lokalisationen. Eine stark entzündliche Plaque am Hals und strickleiterartige Narben im Bereich Decollete, Hals und Gesicht wurden mit gutem kosmetischen Resultat mittels CO2 Laser abgetragen. Der Fall zeigt, dass Akne conglobata und Akne inversa devastierenden Einfluss auf die Lebensqualität haben können. Mit dem CO2 Laser können sowohl betroffene Drüsenareale in therapeutischer Intention abladiert werden als auch stigmatisierende narbige Residuen kosmetisch verbessert werden.


Kasuistik

Im Frühjahr 2008 wird uns vom Hausarzt ein 46 jähriger Patient mit Akne conglobata und Akne inversa zugewiesen.

 

Anamnese: Akne conglobata seit der Pubertät. Entzündliche Knoten axillär, anogenital und Gesicht seit 1998. Die Diagnosestellung Akne inversa erfolgte im Jahr 2004. An weiteren Erkrankungen bekannt sind eine Koagulopathie unklarer Aetiologie, chronisch obstruktive Bronchitis, leichte Adipositas mit Body-Mass-Index 30, Alkoholabusus mit drei Flaschen Bier täglich und Nikotinabusus mit 30 Packyears. Aufgrund der sozial stigmatisierenden Hautveränderungen hat der Patient seine Arbeit als Paketzusteller ein Jahr zuvor niedergelegt.

 

Abb. 1: 2/2008 Patient bei Erstvorstellung.

Abb. 1: 2/2008 Patient bei Erstvorstellung.

Abb. 2: 5/2008 Schwarz umrandet: entzündliche Plaque vor Abtragung mittels CO2 Laser.

Abb. 2: 5/2008 Schwarz umrandet: entzündliche Plaque vor Abtragung mittels CO2 Laser.

Abb. 3: Befund direkt nach Abtragung mittels CO2 Laser.

Abb. 3: Befund direkt nach Abtragung mittels CO2 Laser.

Abb. 4: 9/2008 Befund 4 Monate nach Abtragung mittels CO2 Laser.

Abb. 4: 9/2008 Befund 4 Monate nach Abtragung mittels CO2 Laser.

Bisherige Behandlung

 

Zunächst wurde erfolglos mit Isotretinoin über mehrere Monate therapiert. Trotz fehlenden Ansprechens wurde die Behandlung noch zwei weitere Male neu angesetzt. Es erfolgten multiple Abszess-Spaltungen inguinal, skrotal, perineal und perianal. Wegen Befundprogredienz wurden Anfang 2006 zwei Infliximab Infusionen 5 mg/kg KG im Abstand von zwei Wochen verabreicht. Bei fehlendem Ansprechen erfolgten keine weiteren Infusionen. Im Jahr 2007 erfolgte ein grossflächiges Débridement mit Entfernung der befallenen Areale anogenital und perineal. Komplizierter Verlauf mit Hämoglobinabfall und Substitution mehrerer Erythrozytenkonzentrate. Im Nachgang Spalthautdeckung der Wundflächen und Abheilung mit gutem Resultat und anhaltender Remission.

 

Befund: Im Bereich anogenital finden sich narbige Strikturen, axillär vereinzelt entzündliche Knoten mit wenig Aktivität. An Decollete, Hals und Wangen finden sich grossflächig konfluierende entzündliche Plaques mit Hornzysten und Comedonen. Strickleiterartige Vernarbungen an Hals und Wangen (Abb. 1).

 

Therapie und Verlauf

 

Zunächst erfolgte eine Biopsie aus der Plaque am Hals, welche die Diagnose einer Akne inversa bestätigte und eine Actinomycose ausschloss. Am Hals wurden eine etwa 8 x 6 cm messende entzündlich suppurierende Plaque mittels CO2 Laser abladiert. Die Lokalanästhesie erfolgte mit 20 ml einer Xylocain 1 % (10 mg/mL) Lösung, versetzt mit Adrenalin (5 µg/mL) und Natrium-Bikarbonat 8,4 % (1:10). Verwendet wurde der Lumenis Laser Modell 30C (Nihon Lumenis, Tokyo, Japan). Der Eingriff erfolgte im continous wave Modus, verwendete Spotgrössen 3 – 5, verwendete Ausgangsleistung 10 W. Im fokussierten Modus wurde das entzündlich veränderte Gewebe Schicht für Schicht bis in die mittlere bis untere Dermis abgetragen. Blutungen wurden im defokussierten Modus koaguliert. Der entstehende Debris wurde mit Octenisept® getränkten Kompressen mechanisch entfernt (Abb. 2 und 3). Es erfolgte eine sekundäre Wundheilung unter topischer Therapie mit Fucidin-Salbe. Ausserdem wurde Ciprofloxacin 500 mg 2 x täglich über 5 Tage verabreicht. Im Anschluss wurde systemisch mit Clindamycin 300 mg zweimal täglich und Rifampicin 300 mg einmal täglich über 6 Monate behandelt. Die topische Behandlung bestand aus Erythromycin 0,4 % (Aknilox® Gel) und wegen des starken Juckreizes Tacrolimus 0,1 % Salbe (Protopic®). Das CO2 Laser abladierte Areal zeigte nach 4 Monaten ein befriedigendes kosmetisches Ergebnis ohne Lokalrezidiv (Abb. 4). Der Befund am Decollete war trotz systemischer Antibiose und topischer Therapie progredient. Im weiteren Verlauf wurde auf Minocyclin 50 mg zweimal täglich umgestellt. Darunter zeigte sich eine gute Befundverbesserung bis zur Remission am Decollete und Hals. Zurück blieb eine strickleiterartige und comedonenreiche Vernarbung (Abb. 5). Zur Verbesserung des kosmetischen Resultates wurden die Narben und Comedonen mittels CO2 Laser abladiert (Abb. 6 und 7). Abbildung 8 zeigt das Endresultat nach 3 Monaten.

 

Diskussion

 

Die Akne inversa ist eine chronisch rezidivierende entzündliche Erkrankung. Am häufigsten betroffen sind Axilla, Inguinalfalten, Perineum, Genitalien und die periareoläre Region im Bereich der Brust. Auch andere Regionen, in welchen Terminalhaare angelegt sind, können betroffen sein. Die Prävalenz der Erkrankung liegt je nach Autor zwischen 1 – 4 %, Frauen sind etwas häufiger betroffen. Zur Erstmanifestation kommt es meist kurz nach der Pubertät. Äusserlich manifestiert sich die Erkrankung zunächst als schmerzhafter, entzündlicher Knoten in Leisten oder Achselhöhle. Mehrere Knoten können zu grösseren Plaques konfluieren, oft kommt es zur Absonderung von fötide riechendem, eitrigem Sekret [1].

 

Zusammen mit Akne conglobata, Pilonidal Sinus und dissezierender Follikulitis der Kopfhaut wird die Akne inversa zur follikulären Okklusions-Tetrade gerechnet. Die Pathogenese dieser Erkrankungen ist nicht vollständig aufgeklärt. Heute geht man davon aus, dass primär eine Okklusion im Bereich der Haarfollikel entsteht. Epidermale Strukturen dringen in die Dermis ein. Daraus resultieren ein entzündliches Infiltrat und im Verlauf Fibrose und miteinander kommunizierende dermale und subkutane Gangstrukturen. Häufig kommt es zur Superinfektion mit Bakterien. Apokrine Drüsen werden bei der Akne inversa nur sekundär in den Entzündungsprozess mit einbezogen [9]. Der historische Begriff „Hidradenitis suppurativa“ sollte unter Berücksichtigung der neuen Erkenntnisse verlassen werden [8].

 

Abb. 5: 2/2010 Remission nach 6 Monaten 2 x 50 mg Minocyclin täglich.

Abb. 5: 2/2010 Remission nach 6 Monaten 2 x 50 mg Minocyclin täglich.

Abb. 6: Befund direkt nach Abtragen der narbigen Residuen und Comedonen.

Abb. 6: Befund direkt nach Abtragen der narbigen Residuen und Comedonen.

 

Übergewicht und Nikotinabusus werden häufig bei Akne inversa Erkrankten beobachtet. Inwieweit Nikotin als pathogenetischer Faktor im Bezug auf die Akne inversa angesehen werden kann, ist umstritten. Eine Untersuchung an 302 Patienten konnte keinen aggravierenden Effekt von Rauchgewohnheiten auf den Erkrankungsverlauf nachweisen. In der gleichen Arbeit fand sich eine Koinzidenz von Akne inversa und anamnestisch schwerer Akne von 28 % [2].

 

Im geschilderten Fall ist die Abgrenzung von Akne inversa und Akne conglobata Läsionen schwierig bis unmöglich. Die grosse suppurierende, beugeseitig am Hals lokalisierte Plaque und die Läsionen am Decollete könnten gleichermassen beiden der eng verwandten Entitäten zugerechnet werden. Des Weiteren zeigt die Kasuistik, dass bislang kein standardisiertes therapeutisches Konzept für die Akne inversa besteht. Für die erfolgreiche Anwendung von Isotretinoin finden sich in der Literatur einige Belege. Dennoch ist man heute der Auffassung, dass Isotretinoin meist unwirksam ist [11]. Somit erscheint ein Therapieversuch zwar gerechtfertigt, jedoch sollten bei fehlendem Ansprechen frühzeitig andere Therapieoptionen angewendet werden. Rifampicin 300 mg täglich und Clindamycin 600 mg täglich gelten als eine der wirksamsten Antibiotika-Kombinationen zur Behandlung der Akne inversa [10]. Dennoch gelang es bei unserem Patienten nicht, damit eine befriedigende Remission zu erzielen. Dagegen sprach er gut auf Minocyclin 50 mg 2 x täglich an. Zur Behandlung des starken Juckreizes wurde mit guter Wirkung topisches Tacrolimus verschrieben. Inzwischen gibt es mehrere Studien über die Wirksamkeit von Biologics bei Akne inversa [3,6]. Die Ergebnisse sind heterogen. Unser Patient hat von zwei Infusionen Infliximab nicht profitiert.

 

Abb. 7: Befund 10 Tage nach Laserbehandlung.

Abb. 7: Befund 10 Tage nach Laserbehandlung.

Abb. 8: Befund 3 Monate nach Laserbehandlung.

Abb. 8: Befund 3 Monate nach Laserbehandlung.

Nach wie vor stellt die grossräumige, operative Entfernung der befallenen Drüsenareale den Goldstandard in der Behandlung der fortgeschrittenen Akne inversa inguinal, anogenital, perineal und axillär dar. Bei unserem Patienten kam es nach ausgedehnten Eingriffen anogenital dort zu keinen weiteren Rezidiven. Bei Befall von Gesicht, Hals und Decollete fällt die Entscheidung zu invasiverem Vorgehen angesichts der ästhetischen Konsequenzen schwer. Die CO2 Laserablation als therapeutische Option der Akne inversa wurde von mehreren Autoren beschrieben. Bei Befall der klassischen Prädilektionsstellen wurde tief bis zum subkutanen Fettgewebe abladiert [7]. Läsionen die eher unter der Akne conglobata zusammengefasst werden (Gesicht und Stirn) wurden von Hasegawa et. al in zwei wöchentlichen Sitzungen mit dem CO2 Laser behandelt. Dabei wurden jeweils Zysten entlang ihrer längeren Achse geöffnet, der Inhalt entfernt und die Zystenwände vaporisiert. Die Sitzungen wurden über mehrere Monate fortgeführt [4,5]. Bei unserem Patienten wurde eine ca 8 x 6 cm messende, stark entzündlich infiltrierte und suppurierende Plaque in einer einzigen Sitzung bis zur mittleren bis tiefen Dermis abgetragen. Eine Spalthautdeckung war bei guter sekundärer Wundheilung nicht erforderlich. Beide Vorgehensweisen führten unter Zurücklassung von narbigen Residuen zu guten Resultaten und zum Stillstand der Entzündung. In unserem Fall erfolgte zu einem späteren Zeitpunkt eine CO2 Laserablation der hypertrophen Narbenstränge und Comedonen. Weitere Verbesserung könnte sicherlich mit fractional Laser Systemen erzielt werden, allerdings würde dies die Grenzen der Leistungsbereitschaft der gesetzlichen Krankenkassen überschreiten.

Korrespondenz-Adresse

Dr.med. Christian Heinemann
DELC DermaEsteticLaserCenter
Marktgasse 17
CH-2502 Biel / Bienne
drcheinemann@gmail.com

Konklusion

Akne conglobata und Akne inversa sind relativ häufige und eng verwandte Erkrankungen, die sich devastierend auf die Lebensqualität der Betroffenen auswirken können. Goldstandard zur Therapie grossflächiger Entzündungen anogenital, perineal, inguinal und axillär ist nach wie vor die operative Sanierung. Biologics können gute Erfolge zeitigen, sind aber nicht in jedem Fall wirksam. Unser Patient profitierte am meisten von der Antibiose mit Minocyclin 50 mg 2 x täglich. Mit dem CO2 Laser können sowohl betroffene Drüsenareale in therapeutischer Intention abladiert werden als auch stigmatisierende narbige Residuen kosmetisch verbessert werden. Vor allem bei Befall sichtbarer Areale wie Gesicht, Hals und Decollete sollte daher der CO2 Laser als Therapieoption Berücksichtigung finden.

Literatur

1. Alikhan A, Lynch PJ, Eisen DB. Hidradenitis suppurativa: a comprehensive review. J Am Acad Dermatol. 2009 Apr;60(4):539-61; quiz 562-3.
2. Canoui-Poitrine F, Revuz JE, Wolkenstein P, Viallette C, Gabison G, Pouget F, Poli F, Faye O, Bastuji-Garin S. Clinical characteristics of a series of 302 french patients with hidradenitis suppurativa, with an analysis of factors associated with disease severity. J Am Acad Dermatol. 2009;61:51-7.
3. Grant A, Gonzalez T, Montgomery MO, Cardenas V, Kerdel FA. Infliximab therapy for patients with moderate to severe hidradenitis suppurativa: a randomized, double-blind, placebo-controlled crossover trial. J Am Acad Dermatol. 2010 Feb;62(2):205-17.
4. Hasegawa T, Matsukura T, Suga Y, Muramatsu S, Mizuno Y, Tsuchihashi H, Haruna K, Ogawa H, Ikeda S. Case of acne conglobata successfully treated by CO(2) laser combined with topical tretinoin therapy. J Dermatol. 2007 Aug;34(8):583-5.
5. Hasegawa T, Matsukura T, Hirasawa Y, Otsuki A, Tsuchihashi H, Niwa Y, Okuma K, Ogawa H, Ikeda S. Acne conglobata successfully treated by fractional laser after CO laser abrasion of cysts combined with topical tretinoin. J Dermatol. 2009 Feb;36(2):118-9.
6. Haslund P, Lee RA, Jemec GB. Treatment of hidradenitis suppurativa with tumour necrosis factor-alpha inhibitors. Acta Derm Venereol. 2009 Nov;89(6):595-600.
7. Madan V, Hindle E, Hussain W, August PJ. Outcomes of treatment of nine cases of recalcitrant severe hidradenitis suppurativa with carbon dioxide laser. Br J Dermatol. 2008 Dec;159(6):1309-14.
8. Sellheyer K, Krahl D. "Hidradenitis suppurativa" is acne inversa! An appeal to (finally) abandon a misnomer. Int J Dermatol. 2005 Jul;44(7):535-40.
9. Slade DE, Powell BW, Mortimer PS. Hidradenitis suppurativa: pathogenesis and management. Br J Plast Surg. 2003 Jul;56(5):451-61.
10. van der Zee HH, Boer J, Prens EP, Jemec GB. The effect of combined treatment with oral clindamycin and oral rifampicin in patients with hidradenitis suppurativa. Dermatology. 2009;219(2):143-7. Epub 2009 Jul 8.
11. van der Zee HH, Prens EP, Boer J. Deroofing: a tissue-saving surgical technique for the treatment of mild to moderate hidradenitis suppurativa lesions. J Am Acad Dermatol. 2010 Sep;63(3):475-80.

Ausgabe

Anmelden

Passwort vergessen?