Mit PDO-Fäden erfolgreich gegen Haarverlust

Biokompatible Fäden kamen in der minimalinvasiven ästhetischen Medizin bisher hauptsächlich zum Einsatz, um Falten zu glätten und dem Gesicht verlorengegangenes Volumen zurück zu geben. Verschiedene Studien sowie eigene Erfahrungen von Dr. Johannes Müller-Steinmann zeigen jedoch, dass PDO-Fäden auch bei Haarverlust eine effektive Behandlungsmethode sein können. In die Kopfhaut eingebracht, regen sie das Haarwachstum an – ohne große Risiken und Nebenwirkungen.

 

Haarausfall ist bis zu einem gewissen Grad normal, auch jahreszeitenabhängig vermehrter Verlust von Haaren ist kein Grund zur Sorge – etwa im Frühling und Herbst. Verlieren Patienten jedoch täglich mehr als 100 Haare und das über einen längeren Zeitraum, steckt dahinter oft ein krankhafter Haarverlust. Bevor Ärzte diesen mithilfe biokompatibler Fäden behandeln, sollten sie vorab die Ursachen des Haarausfalls abklären. Die Behandlung mit PDO-Fäden kann nur erfolgreich sein, wenn alle anderen Gründe ausgeschlossen werden konnten. Denn ein hormonelles Ungleichgewicht kann genauso für Haarausfall sorgen wie Schilddrüsenstörungen, ein Eisen- oder Vitaminmangel, eine Medikamenteneinnahme (beispielsweise Antidepressiva, Antibiotika oder auch Zytostatika), eine zurückliegende Geburt sowie einseitige Diäten.

 

Fäden unter die Kopfhaut legen

Besonders effektiv ist die Behandlung mit biokompatiblen Fäden bei erblich bedingtem Haarausfall, also der androgenetischen Alopezie. Bevor die Fäden in die Kopfhaut eingebracht werden, wird diese lokal betäubt. Die Fäden befinden sich in kleinen Kanülen mit scharfer Spitze. Bei der Behandlung von Haarausfall kommen einfache Mono- oder Basic-Fäden zum Einsatz. Behandler platzieren sie so, dass am Ende der Behandlung der gesamte Kopfhautbereich mit Fäden durchzogen ist, in dem später die Haare nachwachsen sollen.

Abb. 1: Die Fäden werden über Kanülen in die Kopfhaut eingebracht. Damit Behandler sehen, wo bereits Fäden liegen, verbleiben die Kanülen bis zum Ende der Sitzung unter der Haut.

Wirkweise der Fäden

Die Fäden wirken schließlich in drei Stufen: Im ersten Schritt kommt es zu einer Traumatisierung des Behandlungsbereichs. Diese entsteht in dem Moment, in dem die Fäden mithilfe der spitzen Kanülen tief intrakutan eingebracht werden. Die Kanülen sind sehr dünn (31 bis 29G) und mit einer Länge von 25 bis 40 Millimetern auch sehr kurz. Aufgrund des Fremdkörpers in der Haut werden zudem Entzündungs- und Resorptionsprozesse in Gang gesetzt.

 

Daraufhin entstehen im Behandlungsbereich neue Blutgefäße, die die Haarwurzeln wieder besser mit Nährstoffen versorgen können. Außerdem bildet sich vermehrt Fibroblast-Growth-Factor 7 (FGF-7), der zum einen die Fibroblasten aktiviert. Zum anderen initiiert er auch die Haarwachstumsphase, die Anagenphase. Hierdurch wachsen mehr Haare gleichzeitig.

Abb. 2: Frauen leiden besonders häufig im Scheitelbereich unter Haarausfall. Die Fäden werden also nur dort eingebracht, wo neue Haare wachsen sollen.

Erfahrungen und Studien bestätigen Wirkung

Schließlich lösen sich die Fäden in der Kopfhaut von selbst auf und werden vom Körper absorbiert. Gleichzeitig bildet sich im Gewebe neues Kollagen, das die Haarfollikel stimuliert. Die Haare wachsen nach und ausgedünnte und kahle Stellen verdichten sich. Das zeigen auch eigene Erfahrungen aus der Praxis. In der Vitaklink im Hautarztzentrum Kiel haben wir bei einer 73-jährigen Patientin 60 Fäden je 40 Millimeter in die Kopfhaut eingebracht. Vier Monate nach der Behandlung waren sichtbare Effekte zu erkennen. Die Haare am Ober-sowie Hinterkopf waren deutlich dichter. Diese positiven Ergebnisse bestätigen auch internationale Studien aus Korea [[1]] und Indien [[2]]. So nahm bei den Probanden in Indien die Haardichte im Kontrollbereich im Schnitt von 64 Haarfollikeleinheiten auf 93 zu. Die Studie aus Korea, die an Mäusen durchführt wurde, kam zudem zu dem Ergebnis, dass auch die Haardicke steigt.

 

Zurzeit handelt es sich noch um eine nicht evidenzbasierte Behandlung. Jedoch sind die ersten Ergebnisse sehr vielversprechend.

Abb. 3: Vor der Behandlung mit biokompatiblen Fäden sind deutlich lichte Stellen zu sehen. Abb. 4: Sechs Monate nach der Behandlung sind neue Haare gewachsen, die lichten Areale sind bedeckt.

Kaum Risiko, keine bekannten Nebenwirkungen

Neben den belegten Erfolgen haben die biokompatiblen Fäden gegenüber medikamentösen oder operativen Therapien einige Vorteile für Patienten und Behandler. Die Behandlung erfolgt minimalinvasiv. Es sind keine Schnitte nötig, weshalb das Infektionsrisiko minimal ist. Zudem wird die Kopfhaut mit einem Lokalanästhetikum betäubt, sodass die Patienten kaum Schmerzen spüren und nach dem Eingriff sofort wieder gesellschaftsfähig sind. Es entstehen keine Narben, Nebenwirkungen sind bei uns in der Praxis zudem ebenfalls noch keine aufgetreten.

 

Workshops zur Qualitätssicherung

Für Ärzte aller Fachrichtungen gibt es spezielle Workshops zum Fadenlifting. Denn dafür wurden die biokompatiblen Fäden ursprünglich entwickelt: Falten glätten und minimieren. Behandler können nach der Teilnahme an einem Workshop ihren Patienten also nicht nur eine Therapie gegen Haarverlust anbieten, sondern auch Faltenbehandlungen. Mediziner sollten darauf achten, dass in den Kursen praktische Hands-on-Übungen stattfinden, bei denen sie den Umgang mit den PDO-Fäden unter Anleitung erlernen und Tipps und Tricks erfahren. Nach einem eintägigen Workshop sind Ärzte in der Lage, die Fäden in der Praxis einzusetzen. Wirtschaftlich lohnt sich die Einführung von PDO-Fäden, da die Behandlungen risikoarm, einfach zu erlernen und schnell umsetzbar ist.

 

Korrespondenzadresse:
Dr.med. Johannes Müller-Steinmann
Hautarztzentrum Kiel
Alter Markt 1-2
DE-24103 Kiel
jms@hautarztzentrum-kiel.de

 

Literatur:

  1. Hyun JS et al.: The succes of thread-embedding therapy in generating hair regrowth in mice points to its possibility having a similar effect in humans. J Pharmacopuncture. 2015; 18[4]: 020-025.
  2. Jyotirmay B. et al.: Polydioxanone threads in androgenetic alopecia: A novel innovation. J Cosmo Trichol. 2016; 2(3) Suppl: 24.

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